Odd Nerdrum
im MEAM
Odd Nerdrum
im MEAM
Odd Nerdrum & School
eine Ausstellung im MEAM
Odd Nerdrum & School
Ausstellung im MEAM, Barcelona
September – November 2015
Eine interessante Ausstellung des norwegischen Künstlers Odd Nerdrum im MEAM. Lass dich überraschen! Es ist wie eintauchen in eine andere Welt!
Wer ist
Odd Nerdrum?
Ich bin ganz ehrlich. Ich kannte Odd Nerdrum bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Er ist mir weder während meines Studiums, noch während meiner Museums-Zeit begegnet. Deswegen habe ich mich vor der Pressekonferenz über ihn informiert.
Der Norweger Odd Nerdrum wurde 1944 in Schweden geboren, ist also heute 71 Jahre alt und immer noch tätig. Er ist zum zweiten Mal verheiratet und hat insgesamt 7 Kinder. 2 Söhne nahmen auch an der Konferenz teil.
Sein Malstil orientiert sich sehr an Tizian, Rembrandt und Caravaggio. Thematisch geht es bei ihm in verschiedene Richtungen. Es ist eine realistische Malerei, die auch hier und da im Kitsch oder Absurden mündet, aber auch mythische, religiöse oder menschliche Themen berührt. Egal welches Thema – ob Kitsch oder nicht – der Malstil bleibt der Gleiche. Mit dunklen, warmen Farben, einem Licht- und Schattenspiel setzt er seine Themen in Szene.
Odd Nerdrum ist ein Künstler, der nicht gerne Interviews gibt und der sich auch nur ungern fotografieren lässt. Deswegen hat er auf meinen Fotos einen etwas eigenwilligen Blick…
Im Meam
Die Pressekonferenz
Die Pressekonferenz wurde von der Kuratorin (Links) und dem Direktor Jose Manuel Infiesta (ganz Rechts) geführt. Odd Nerdrum beantwortet einige Fragen und sein Sohn erklärte uns anschließend einige Bilder der Sammlung.
Hier nun einige Auszüge:
Er signiert und datiert seine Bilder nicht. Warum? Man wüsste ja, dass es seine Bilder sind, sagt er. Für ihn sind Gemälde außerdem nie fertig. Nur eine Maschine schaffe es, ein fertiges Bild zu malen. Er selbst arbeitet immer wieder an seinen Werken – denn er als Mensch habe immer wieder etwas daran zu verändern.
Ein Bild habe außerdem eine Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft – deswegen sollte man immer die „bigger story“ hinter dem Bild sehen. Da hat er auch recht, wenn man die Hintergrundgeschichten kennt, erhält man einen weitaus tieferen Eindruck.
Zu seinen Vorbildern Tizian, Rembrandt oder auch El Greco hat er Folgendes zu sagen: Sie schafften die besten Bilder am Ende ihres Lebens. Sie haben am Ende – nach jahrelangen „Übungen“ – ihre größten Meisterwerken gemalt. Er sagt, auch dass heutzutage das Klischee bestünde, dass Künstler über 50 Jahren nichts mehr Neues zustande bringen. Er führte hier Picasso als Beispiel an, der in seiner Jugend viel kunstfertiger und innovativer gewesen sei als in seinen letzten Jahren.
Ob Nerdrum sich nun aber auch in die Reihe der Altenmeister stellt oder sich zu Picasso zählt, dass hat er natürlich offen gelassen 😉
Meine Frage, ob das Gemälde „Aurora“ an Edvard Munch und „Vampir“ orientiert sei, verneinte er leider… Ich persönlich finde es aber dennoch 😉 Nerdrum vertrat an dieser Stelle die These, dass sich alle Künstler letztendlich immer ähneln. Dass die letzten Bilder Rembrandts sehr an Tizian erinnern, dass auch Goya am Ende Tizian und Rembrandt adaptierte und das auf der anderen Seite Franz von Stuck, Edvard Munch und auch er – Odd Nerdrum – irgendwie eine verbindende Linie hätten.
Eine kleine Führung
mit dem Sohn des Künstlers
„Daddy’s Girl“ ist das erste Werk, dass der Sohn uns vorstellte. Die erste Version malte Odd bereits in den 70er Jahren. Diese frühe Version war naturalistischer als die Zweite, die er in den letzten Jahren schaffte. In der neueren Version setzt er einen mythischen Fokus, gibt uns einen Einblick in die „Underworld“ – in die Unterwelt. Es erinnert sehr an Pieta-Darstellungen, allerdings mit vertauschten Rollen: Mutter und Sohn werden von Vater und Tochter ersetzt.
Als Nächstes schauten wir uns das Werk „Crossing the border“ an. Oben erwähnte ich, dass Nerdrum sagt, dass man tiefer in Werke einsteigen müsste.
Das ist nun hier passiert. Das Werk ist eine Anlehnung an ein persönliches Familienerlebnis. Denn die Mutter Odds musste 1944 vor den Deutschen aus Norwegen nach Schweden fliehen. Sie war auf der Flucht hochschwanger – mit Odd. Das Werk bezieht sich auf diese Flucht, nur dass das Kind hier schon geboren ist. Die Frau auf diesem Bild hat Helfer, die sie begleiten und stützen. Im Hintergrund ist ein Flieger zu sehen, der in die Freiheit fliegt, aber leider verpasst wurde. Durch das Licht und die Handzeichen, hat die Gruppe aber dennoch Hoffnung auf einen guten Ausgang.
Vor dem dritten Bild widersprach sich Odd Nerdrum nun etwas. Während er sagt, dass man die Hintergründe von Werken kennen müsse und tiefer einzusteigen, meinte er bei diesem Bild, dass man mehr sieht, wenn man sich das Bild anschaut, als wenn jemand etwas dazu erzählt.
Es geht um das goldene Vlies. Die Szene hier zeigt wie die Argonauten das Vlies des Widders Chrysomeles raubten. Mythologisch wird das allerdings nicht ganz so dargestellt. In diesem Gemälde geht es auch eher um die Handlungen der Menschen. Der Ältere rennt mit dem goldenen Vlies von der brennenden Hütte weg, um es zu bewahren und zu behalten. Der Jüngere greift sich bereits einen Zipfel und zeigt mit der linken Hand auf sich: auch er habe ein Anrecht auf dieses Vlies. Das Gemälde soll zeigen, dass das Leben nicht gerecht ist und dass man sich sogar – wie hier – auf unsicheres Gelände (Wasser) begibt, nur um sein Eigentum zu retten.
Die Arbeiten
seiner Schüler
Im zweiten Stock des MEAM werden zusätzlich Arbeiten ehemaliger und aktueller Odd Nerdrum Schüler gezeigt. Diese lernten bei ihm, auf seinem abgelegenen Hof in Røvika, (Larvik), wo er auch sein Atelier hat.
In der Ausstellung werden 29 Werke von 15 Schülern gezeigt. Die Meisten kommen aus Norwegen oder Schweden, aber man findet auch Werke chilenischer, österreichischer oder amerikanischer Künstler.
Fazit
Auch wenn Nerdrum selbst ein klein wenig zurückhaltend und fast sogar kauzig wirkt, seine Werke haben eine unglaubliche Präsenz. Sein Stil erinnert in der Tat an die großen Meister. Bei manchen Werken verbinden er dies aber mit teilweise gruseligen oder abstoßenden Themen und Figuren und gibt so dem Ganzen eine neue Gesicht. Die eher mystischen oder persönlicheren Themen sind allerdings durchweg ergreifend und „schön“ anzusehen.
Also, auf ins MEAM! Die Ausstellung kann noch bis 15. November 2015 besucht werden.
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich 2015-2021