Botticelli
Jacquemart-André
Botticelli
Jacquemart-André
Botticelli: Künstler und Designer
Musée Jacquemart-André
Botticelli. Künstler und Designer
Ausstellung im Musée Jacquemart-André
September 2021 – 24. Januar 2022
Als das Musée Jacquemart-André sein Jahresprogramm herausgibt, ist völlig klar: da müssen wir im Herbst hin! Vom 10. September 2021 bis zum 24. Januar 2022 ist nämlich das Werk eines der berühmtesten Künstler der italienischen Renaissance zu sehen: Alessandro Filipepi, genannt
(Sandro) Botticelli, 1445 – 1510.
Die Ausstellung
Unsere Eindrücke
Ganze acht Räume sind ihm gewidmet. Die sind im Vergleich zu den anderen 16 Räumen im Museum relativ klein… Wir sind natürlich nicht die einzigen, die die Werke bewundern wollen, also ist es ziemlich voll. Aber mit etwas Geduld schafft man es in die „erste Reihe“ und kann sich Venus & Co ganz aus der Nähe ansehen.
Und noch mehr! Es sind nämlich nicht nur Bilder von Botticelli selbst zu sehen, sondern auch die seiner Vorbilder und Nachahmer, sodass man viel über seine künstlerische Entwicklung lernt und einen Eindruck bekommt, welchen Einfluss er auf die Kunstszene der damaligen Zeit hatte.
Wir beginnen in Raum 1. Hier wird deutlich, woher Botticelli seine Vorliebe für Madonnenbilder hat: von seinem Lehrmeister Filippo Lippi. Dieser malte hauptsächlich religiöse Motive und brachte dem jungen Botticelli die Staffelmalerei und das Malen von Fresken bei. Man hat auch den direkten Vergleich: Die „Madonna mit Kind“ von Lippi ist hier zu sehen, ebenso wie Botticellis berühmtestes Madonnenbild, „Madonna des Buches“, das rund 20 Jahre nach dem Vorbild entstand.
Als Lippi um das Jahr 1465 nach Spoleto ging, um seinen letzten Auftrag auszuführen, trennten sich ihre Wege und der gerade einmal 20 Jahre alte Botticelli eröffnete in Florenz, im Erdgeschoss seines Elternhauses, sein eigenes Atelier.
In Raum 2 finden wir Auftragsarbeiten, die Botticelli mithilfe seines Teams für reiche Patrizier anfertigte. Der berühmteste der Assistenten war übrigens ein gewisser Filippino Lippi, der Sohn von Filippo, den Botticelli nach dem Tod seines Meisters aufnahm und mit dem er während seiner ganzen Karriere eng zusammenarbeitete, so zum Beispiel auch beim „Urteil von Paris“, das hier zu sehen ist.
In Raum 3 ist kaum jemand – dabei bekommt man doch gerade hier einen Eindruck davon, wie vielseitig Botticelli war! Er entwarf nämlich zahlreiche Designs und Pläne für Stickereien, Wandteppiche und sogar eine Tür mit Ornamenten. Sie wurden von spezialisierten Künstlern angefertigt, teilweise unter seiner Aufsicht.
Raum 4: Hier sind einige der von Botticelli angefertigten Porträts ausgestellt und hier wird auch seine Verbindung zur Bankiersfamilie der Medicis sichtbar, die ihn ab den 1470er Jahren förderten und ihn mit der Anfertigung des Porträts des 1470 ermordeten Giuliano de Medici beauftragten.
So richtig voll wird es dann in Raum 5: Hier hängt die „Simonetta“, der absolute Höhepunkt der Ausstellung (eine Leihgabe des Städel Museum, Frankfurt, wo auch unsere Gründerin Céline tätig war, bevor sie Museos ins Leben rief!).
Es handelt sich um ein Abbild von Simonetta Vespucci, verehrt von Giuliano de Medici und vielen anderen als „schönste Frau von Florenz“. Botticelli malte sie als Allegorie auf die Weiblichkeit. Eine reale Frau also, und dann auch wieder nicht, denn irgendwie steht sie für ein Ideal, das vermutlich kaum eine Frau der damaligen Zeit erreichte…
Und dann natürlich: die berühmten Venus-Bilder. Wobei das berühmteste, die „Geburt der Venus“ hier nicht zu sehen ist, die darf Florenz nämlich nicht verlassen 😉 dafür aber die „Venus pudica“, aus den Staatlichen Museen in Berlin und die „Venus“ aus Turin, die sich zum Verwechseln ähnlich sind. Daneben wirkt die Version von Lorenzo di Credi (die normalerweise immerhin in den Uffizien von Florenz ausgestellt ist, ebenso wie Botticellis Meisterwerk “Die Geburt der Venus”) geradezu unscheinbar.
In Raum 6 offenbart sich Botticellis Talent als Zeichner. 100 (!) Motive zur Illustration von Dantes Werk „Die Göttliche Komödie“ fertigte er an, 92 sind erhalten geblieben, zwei davon sind hier zu sehen: „Das Inferno, IX“ und „Das Inferno, XVI“. Gut dass es „nur“ schwarz-weiß Zeichnungen sind, in Farbe wären diese höllischen Szenen wahrscheinlich noch gruseliger.
Lieber schnell weiter zu Raum 7. Hier gibt es viele Altarbilder und sogenannte „Tondi“, runde Gemälde, mit religiösen Motiven, die zur damaligen Zeit in Florenz sehr beliebt waren. Botticelli konnte sich vor Aufträgen kaum retten und musste seine Arbeit daher „rationalisieren“. Er fertigte Skizzenbücher oder Zeichnungen in Originalgröße an, nach denen seine Assistenten die Gemälde produzierten. Daher auch der Untertitel der Ausstellung: Botticelli – Künstler und Designer.
In Raum 8 wird es zum Abschluss noch einmal martialischer: Hier zeigt sich der Einfluss des Dominikanermönchs und Bußpredigers Savonarola auf Botticelli, der im Kontrast zu dem ausschweifenden Leben in Florenz Strenge und Entsagung predigte. Ein lebensgroßes Kruzifix aus Holz wurde erst kürzlich als Werk von Botticelli wiederentdeckt und ist zum ersten Mal in Frankreich zu sehen. Und auch die „Judith mit dem Haupt des Holofernes“; eine Leihgabe des Rijksmuseums in Amsterdam hängt hier.
Fazit
Die Räume sind klein, am besten gehst du unter der Woche, dann kannst du das Werk des Meisters in aller Ruhe bewundern.
Wenn du schon in Paris bist, dann solltest du diese Ausstellung nicht verpassen, vor allem die Venus-Gemälde sind wirklich atemberaubend (das war bei allem Gewusel im Raum auch deutlich zu spüren, es gab immer wieder Momente andächtiger Stille), allein dafür lohnt sich schon der Besuch!
Text- und Bildrechte: Celine Mülich, 2021
Mit Unterstützung von Anne Okolowitz