Ausstellung in Madrid
Woman Masters
Ausstellung in Madrid
Woman Masters
Ausstellung in Madrid
Woman Masters im Thyssen-Bornemisza Museum
Maestras
Ausstellung im Museum Thyssen-Bornemisza
MADRID
bis 4. Februar 2024
Wir waren im November für 2 Nächte in Madrid und haben die Ausstellung „Maestras“ (Künstlerinnen) im Museum Thyssen Bornemisza besucht. Madrid gehört ja nicht zu unseren Museos-Städten, aber die Ausstellung war sehr gut und soll deswegen trotzdem hier einmal Erwähnung finden. Und vielleicht macht einer von euch ja eine Rundreise durch Spanien in diesem Winter. 😉
Ausstellung Maestras
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Die Ausstellung
Maestras - Künstlerinnen
Ich habe diese Ausstellung besucht, da mich das Thema der „Künstlerinnen“ interessiert hat. Denn wenn man einmal die Kunstgeschichte betrachtet, gibt es nicht viele Künstlerinnen, die es zu Ruhm, Glanz und Glorie geschafft haben. Die meisten können vielleicht eine große Künstlerin nennen – Frida Kahlo, etwas mehr Kunstinteressierte können vielleicht noch 2, 3 oder 4 Namen nennen… Und dann wird das Eis schon dünner, wenn man sich noch nie so richtig mit dem Thema befasst hat.
Was mich bei der Ausstellungsankündigung besonders gereizt hat: die Werke Artemisia Gentileschis. Sie strahlt für mich eine gewisse Faszination aus und man könnte ihr den Namen „weiblicher Caravaggio“ geben. Die Ausstellung präsentiert gleich 4 ihrer Werke – und so geballt an einem Ort findet man Gentileschi nicht so oft!
Ich nehme euch jetzt also mit durch diese Ausstellung – kurz und knapp allerdings nur. Man möchte ja nicht zu viel vorwegnehmen!
Tipp vorweg: Holt euch den Audioguide zur Ausstellung für 5 Euro – er lohnt sich (EN/ES)!
Exkurs
Artemisia Gentileschi
Artemisia Gentileschi (1593 1654) war eine wichtige italienische Malerin des Barock. Wie schafft es aber eine Frau in dieser Zeit 1. überhaupt Künstlerin zu werden und 2. so bedeutend für die Epoche zu sein?
Nun, die Voraussetzungen waren gut, denn ihr Vater war ebenfalls Maler: Orazio Gentileschi. Und der erkannte schon früh ihr Talent und brachte ihr schon vieles bei.
Doch dann gelangte ihr Leben aus den Fugen. Als sie 15/16 Jahre alt war, arbeitete ihr Vater mit dem Dekorations- und Landschafts-Maler Agostino Tassi zusammen. Dieser brachte Artemisa viel über Perspektive bei… aber leider hatte er noch anderes im Kopf und vergewaltigte sie. Ein Trauma für sie persönlich, aber auch gesellschaftlich für die Familie. Denn zu dieser Zeit galt Jungfräulichkeit bei Frauen als das A und O. Tassi versprach sie zu heiraten (oh man, als ob sie das gewollt hätte) – er war aber schon verheiratet. Also bracht Artemisas Vater alles vor Gericht. Was auch eine Demütigung für Artemisa war… Mit Untersuchungen und Folter (man musste ja prüfen, ob sie wirklich die Wahrheit sage). Tassi wurde letztlich „verurteilt“ und musste (oh nein) Rom verlassen.
Um den Ruf noch zu retten, heiratete sie kurz darauf den Maler Pietro Antonio Stiattesi und sie zogen in seine Heimatstadt Florenz. Künstlerisch gesehen war das für sie genau der richtige Schritt: denn hier erhielt sie die Anerkennung der Kenner und Kollegen und entwickelte einen von ihrem Vater unabhängigen persönlichen Stil. Auch thematisch widmete sie sich vor allem starken Frauen, die sich an Männern rächen (Woran mag das nur liegen?). So versuchte sie ihr persönliches Trauma zu verarbeiten.
Ihr Werke sind düster – vom Thema und auch von den Lichtverhältnissen. Sie und ihr Vater waren stark vom Stil Adam Elsheimers und Caravaggios beeinflusst, die sich alle persönlich kannten. So gelten die Gentileschis als wichtigste Vertreter des sogenannten Caravaggismus: lebensnahe Darstellung mit dramatischen Lichteffekten.
In Florenz finden wir viele wichtige Werke von ihr: zum Beispiel in den Uffizien, dem Palazzo Pitti und der Casa Buonarroti. Artemisia wurde 1616 eine sehr große Ehre erteilt: sie durfte als erste Frau an der Accademia dell’Arte del Disegno studieren – heute die Galleria dell’Accademia in Florenz.
1621 kehrte sie als anerkannte Künstlerin nach Rom zurück und war viel in Italien unterwegs – Venedig, Neapel und vieles mehr. Sie führte eine Werkstatt mit männlichen Angestellten und suchte für sich das meist angesehene und männerdominiertes Genre aus: das Historienbild. In der Ausstellung werdet ihr sehen, dass andere Frauen sich eher auf Stillleben und Porträts beschränkt habe. Artemisa hielt der Männerwelt die Stirn hin und ihr Trauma – so schlimm es war – machte sie zu dieser ungewöhnlichen und bedeutenden Künstlerin, wie wir sie heute kennen.
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Ausstellung
Die Ausstellung beginnt also mit den Werken Artemisas und noch zwei Malerinnen aus der Zeit des Barock. Alles drei widmen sich der Historienmalerei und stellen die Themen auch dunkel dar. Artemisas „Judith und ihre Magt (mit dem Kopf Holofernes)“ ist der Star hier. Aber auch das Thema „Susanna und die Alten“ beschäftigt sie sehr – nachvollziehbar. Deswegen ahben wir gleich zwei versionen dieser Geschichte in der Ausstellung vertreten.
Nach den Historienbildern kommen wir in einen Raum mit vielen Stillleben. Das früher unerkanntere Frauen-Genre. Hier finden wir Künstlerinnen – die ich zugegebenermaßen auch nicht kannte – wie Mary Moser (1780) oder Rachel Ruysch und ihre Schwester Anna.
Gerade Rachel hat es geschafft mit ihren Stillleben die hochangesehenen Mitgliedschaft der Malergesellschaft von Den Haag zu erhalten. Ihr Stillleben „Früchte, Blumen, Reptilien und Insekten am Rande eines Waldes“ 1716, hat auch wirklich eine besondere Qualität. Sie malte dieses kleine Ökosystem danke einer tollen Bildung in verschiedenen Wissenschaftsbereichen und dank des Umfelds der Familie – denn seit ihrer Kindheit wurde sie in Botanik und Anatomie ausgebildet. Als 14-jähriges Kind erhielt sie zum Beispiel eine Box mit Schmetterlingen, die sie studierte und ihr Interesse an Entomologie (Insektenkunde) weckte. Das hörte dann natürlich nicht bei Schmetterlingen auf: Bienen, Fliegen und später auch Reptilien wie Schlangen oder Echsen kamen hinzu. Und all dieses Wissen vereinigte sie in ihrer Malerei.
Der anschließende Raum widmete sich dem Genre Porträts. Künstlerinnen porträtierten hier Frauen der Gesellschaft. Ins Auge gefallen ist mir vor allem das kleinformatige Porträt der Künstlerin Angelica Kaufmann. Ihr Werk einer „Frau als vestalische Jungfrau“ von 1780 stammt aus einer Zeit, in der die Frauen mehr Eigenrecht forderten und Frauen mit politischen und /oder wirtschaftlicher Macht diesen Umschwung befürworteten. Diese Frauen wollten sich auch in Szene setzen und die Künstlerinnen dieser Zeit erkannten so auch ihre Chance. Denn diese Frauen wurden vorher von männlichen Malern nicht so dargestellt, wie sie es gerne wollten – jetzt, mit einer Malerin – konnten sie Wünsche äußern – ihr wahre Identität darstellen.
Angelika Kauffmann (1741-1807) war eine schweizerisch-österreichische Malerin des Klassizismus. Ihr Vater war Maler und man erkannte schon früh (als sie 6 Jahre alt war) ihr zeichnerisches Talent. Sie wurde deswegen von ihren Eltern unterrichtet. Dass es keine Schulbildung für Mädchen gab, brachte der Vater ihr Lesen, Schreiben und Malen bei, ihre Mutter die Sprachen Deutsch, Italienisch, Englisch und Französisch. Und das öffnete ihr alle Türen.
Sie war in jungen häufig unterwegs und fing an bedeutende Bekanntschaften zu machen – die sie dann auch porträtierte: den klassischen Archäologie Johann Joachim Winckelmann zum Beispiel – und mit diesem Werk wurde sie bekannt. So bekannt, dass sie 1768 auch eine von zwei weiblichen Mitgliedern der Royal Accademie von London war. Sie stellte dort auch immer wieder ihre Bilder aus. Sie kannte Goethe und wurde nach ihrem Tod mit einer Büste im Pantheon Rom geehrt (sie verstarb in Rom). Der Bildhauer Antonio Canova gestaltete zudem ihren Trauerzug – prunkvoll und ehrenvoll.
In dieser Ausstellung ist Kauffmann also zurecht mit zwei Werken vertreten.
Die nächsten Räume widmen sich nun eher chronologisch den Stilen.
Wir finden hier unter anderem BertheMorisot und drei ihrer Werke, die dem Impressionismus zugeordnet werden. Denn Berthe Marie Pauline Morisot (1841- 1895 ) war eine französische Malerin des Impressionismus. Auch sie hatte das Glück, den gewissen Background zuhaben – ihre Familie ermöglichte ihr Privatunterricht – auch im Malen und Zeichnen. Sie lernte bei der Malerin Camille Corot.
Doch sie entwickelte schnell ihren eigenen Stil und wandte sich dem Impressionisten zu. Sie kam in diese Gruppe, da der Freund und Maler Édouard Manet sie hin und wieder porträtierte. Sie wurde die erste Frau in der Pariser Gruppe der Impressionisten und stellte ihre Werke auch regelmäßig mit ihren männlichen Kollegen zusammen aus. Ihr Werke sind geprägt von hellen Farben. Ihre Motive waren vor allem Familienszenen, Frauen- und Kindnerporträts und Landschaften. Sie heiratete den Bruder Édouard Manets – Eugène Manet und sie bekamen eine Tochter, die sehr oft Thema in ihren Bildern wurde.
In der Ausstellung sehen wir eine Alltagsszenen von Mädchen, die Kirschen von einem Baum pflücken. Das Porträt zweier Schwestern und einen Sommertag, der zwei Frauen in einem Boot zeigen – leichte Themen, die wunderschön umgesetzt wurden.
Berthe zählt zu den bedeutendsten Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts – zusammen mit der amerikanischen Künstlerin Mary Cassatt, die ihr ebenfalls in dieser Ausstellung sehen könnt.
Ganz anders als die Werke der nächsten Künstlerin: Käthe Kollwitz (1867 – 1945). Die deutsche Malerin und Bildhauerin zeigt uns meist traurige Realitäten. Sie stammte aus einer Familie der Mittelschicht, konnte aber dennoch eine Ausbildung bei dem Künstler Rudolf Mauer starten. Sie studierte und lebte in Königsberg und München und zog später mit ihrem Mann Karl Kollwitz nach Berlin. Hier konnte sie von 1898 bis 1903 als Lehrerin an der Damenakademie „Vereins der Berliner Künstlerinnen“ lehren. Sie wurde von Max Liebermann für eine goldene (Kunst-)Medaille vorgeschlagen, doch der Kaiser Wilhelm II. lehnte die zeitgenössische Kunst als Rinnsteinkunst generell ab. 1910 widmete sie sich dann vermehrt der Bildhauerei.
Die „traurige“ Käthe Kollwitz kennen wir vielleicht ab 1914 – denn einer ihrer Söhne fiel im Ersten Weltkrieg. Das brachte sie mehr und mehr in Kontakt mit dem Pazifismus und den Sozialisten. Später – 1933 – musste sie aus der Preußischen Akademie der Künste austreten und sie musste ihr Amt als Leiterin der Meisterklasse für Grafik ablegen. Der Grund: Sie hatte den „Dringenden Appell zum Aufbau einer einheitlichen Arbeiterfront gegen den Nationalsozialismus“ unterschrieben. Trotzdem arbeitete sie weiter, bis sie 1943 vor dem Bombenkrieg nach Nordhausen floh. Im November des selben Jahres wurde ihre Wohnung ausgebombt und viele Arbeiten wurden zerstört. Sie starb am 22. April 1945, nur wenige Tage vor dem Ende des Krieges…
Ihre Werke zeigen oft trauernde Mütter, Frauen, die sich etwas entgegenstellen und die Schrecken der Arbeiterbevölkerung während und zwischen der Kriegsjahre.
In der Ausstellung können wir die kleine Bronze „Frauen winken Soldaten zum Abschied“ (1937-1938) und das größerer Werk „Mutter mit zwei Kindern“ (1932-1936) sehen. Gerade die erste Bronze erinnert sehr stark an die Arbeit „Turm der Mütter“ im Stedelijk Museum – nur zum Vergleich.
Weitere wichtige Künstlerinnen, die hier präsentiert werden, sind
- Die deutsche Malerin Paula Modersohn-Becker (1876 – 1907), die eine Vertreterinnen des frühen Expressionismus war.
- Rosa Bonheure (1822 – 1899) – eine französische Malerin, die sich den Tieren, dem Naturalismus und dem Realismus verschrieb.
- Jacqueline Marval (1866 – 1932), eine französische Malerin der Pariser Avantgarde, die ich auch vorher nicht kannte
- die deutsch-österreicherin Helene Funke (1869 – 1957): Malerin und Grafikerin der Moderne.
- Maruja Mallo (1902 – 1995), eine galicisch-spanische Malerin des Surrealismus
Und natürlich durfte auch ein Werk Frida Kahlos nicht fehlen. Dieses übersieht man fast in dem letzten Raum, der Maruja Mallo gewidmet ist. Hier finden wir Kahlos kleinformatiges Werk „Mädchen aus Tehuacàn. Lucha Maria“, 1942.
Fazit
Eine für mich durch und durch gelungene Ausstellung.
Eine Sonderausstellung, die Künstlerinnen in den Vordergrund rückt, war seit Langem mal wieder nötig. Von den wenigen bekannten Künstlerinnen sind hier tolle Werke zusehen und man kommt in den Genuss wirklich neue Namen kennenzulernen. Ich bin bereichert aus dieser Ausstellung herausgegangen – eine absolute Empfehlung meinerseits!
Tipp: Holt euch wirklich den Audioguide – denn nur so kann man etwas über die Künstlerinnen und ihre Werke erfahren!
Eure Céline
Text – und Bildrechte: © Céline Mülich, 2023