Paul Smith & Picasso
Picasso Museum
Paul Smith & Picasso
Picasso Museum
Zum Picasso-Jubiläum
Picasso zelebrieren – die Sammlung nimmt Farbe an!
Picasso zelebrieren – die Sammlung nimmt Farbe an!
Ausstellung im Musée Picasso Paris
Noch bis zum 27. August 2023
Das Picasso Museum in Paris feiert den Todestag des Künstlers mit einer originellen Neugestaltung der Ausstellungsräume aus der Feder des britischen Modedesigners Paul Smith. Originell und sehr erfrischend!
2023 jährt sich zum 50. Mal der Todestag von Pablo Picasso und weltweit gibt es Ausstellungen (noch mehr als sonst schon!) zu seinen Ehren. Dass man sich dem Künstler auch nach so vielen Jahren auf andere Weise nähern und ihn in ein neues Licht rücken kann, beweist der Designer Paul Smith. Er gestaltete die Räume des Museums in eine auf die Kunstwerke abgestimmte Art, die außergewöhnlich und schlicht ein Erlebnis ist.
Der unkonventionelle Blick des Modeschöpfers auf die Kunstwerke lädt uns ein, sie aus einer zeitgenössischen Perspektive zu betrachten, und unterstreicht die Aktualität von Picassos Werk. Dieser Bezug zur heutigen Zeit wird zusätzlich von Werken zeitgenössischer Künstler hergestellt, welche gekonnt in die Ausstellung integriert sind.
„Ich hoffe, einen weniger konventionellen Blick zu bieten, der eine visuelle Erfahrung hervorruft, die die Aufmerksamkeit des jüngeren Publikums und derjenigen, die nicht mit dem Werk von Picasso vertraut sind, auf sich ziehen kann. Es ist ein Ansatz, der spontaner ist und mehr auf Instinkt beruht.“
Paul Smith
Besser könnte man die Essenz dieser Ausstellung nicht beschreiben! Ja, und dies sei schon mal vorweggenommen, Paul Smith hat seine Mission erfüllt.
Die Ausstellung erstreckt sich über sämtliche Räume der Sammlung und integriert die Hauptwerke dieser. Sie ist daher viel mehr als eine Sonderausstellung, sondern eine temporäre Neugestaltung der Sammlung.
In 22 thematischen und grob chronologisch gegliederten Bereichen tauchen wir in verschiedene Welten ein, tatsächlich immersiv (obschon sich die Ausstellungsmacher zu Recht hüten, dieses Wort zu benutzen). Schauen wir uns ein paar davon genauer an:
Die Ausstellung
by Paul Smith
Ein Künstler en Vogue
Picassos Werk ist reich an humoristischen Elementen. Bereits im Alter von 13 Jahren stellte der Junge seine eigenen satirischen Zeitschriften her, in denen er Sketche aus seinem Alltag zeichnete.
In diesem Raum, vollständig mit Vogue-Titelbildern tapeziert, sehen wir eine Ausgabe der Vogue vom Mai 1951, aus welcher er Modefotografien mit wenigen Strichen in groteske Bilder umwandelt. Amüsant!
Pink Ladies – rund um die Demoiselles d’Avignon
Es ist dieses wunderschöne Rosarot an den Wänden, welches den farblichen Bezug zum berühmten Bild „Les Demoiselles d’Avignon“ herstellt (es hängt im MoMA in New York). Die hier ausgestellten Bilder geben den kunsthistorischen Kontext: Studien, ein Selbstporträt und weitere Porträts, welche in denselben Stil gemalt wurden und so den Weg zum Meisterwerk weisen.
Assemblagen und Collagen
Wäre dieser Raum ein Wohnzimmer, würden wir ihn schrecklich finden – voller Tapeten in unterschiedlichen Mustern! Hier aber passt es auf eindrückliche Weise zu den ausgestellten Werken, welche gemalt, aber vor allem geklebt sind.
Die Collage von Alltagsgegenständen prägt Picassos gesamte künstlerische Laufbahn nachhaltig. Dieser revolutionäre Ansatz kam bereits Anfang der 1910er-Jahre in der Technik der kubistischen „papiers collés“ zum Ausdruck, die er zusammen mit Georges Braque entwickelte.
Blaue Melancholie
Ganz dunkelblau, fast Schwarz, ist dieser Raum gestaltet (auch der Boden mit Teppich) und man hat das Gefühl, von ihm verschluckt zu werden. Außerdem ist er fast leer, mit nur einem Bild pro Wand plus einer Skulptur in der Mitte.
Im Herbst 1901, einige Monate nach dem Tod seines Freundes Carlos Casagemas, vereinheitlichte sich Picassos Palette in Blautönen, die seinen Werken eine kalte und melancholische Atmosphäre verleihen, genau wie die Stimmung in diesem Raum. Die sogenannte „Blaue Periode“ dauerte bis 1904 und kann auch sehr gut im Picasso Museum Barcelona betrachtet werden.
Auf die Bühne!
Weitaus fröhlicher geht es (zum Glück) im nächsten Raum zu. Picasso entwickelte seine Vorliebe für die darstellenden Künste bereits in seiner Kindheit in Spanien. Seine ersten Aufenthalte in Paris um 1900 brachten ihm einige Aufträge für Illustrationen für das Theater und die Music-Halls ein.
Seine Beziehung zu der russischen Tänzerin Olga Khokhlova, die er 1918 heiratete, und die Zusammenarbeit mit den Ballets Russes verstärken diese Anziehungskraft für die Bühne. In der Ausstellung sieht man den Sohn des Paares Paul in Harlekin- und Pierrot-Kleidung, im dazu passend kostümierten Raum.
Streifen
Dass viele Bilder Picassos, gerade die kubistischen Frauenportraits, in irgendeiner Form Streifen haben, wird einem hier unmissverständlich bewusst. Alle Wände sind breit gestreift!
Kaum zu glauben, dass dies funktioniert und dass die Streifen den Bildern nicht die Show stehlen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Werke hier sind so gekonnt in Szene gesetzt, dass sie unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Viel gewagt und viel gewonnen!
Streifen sind auch untrennbar mit dem kreativen Universum von Paul Smith verbunden und bilden das Markenzeichen des britischen Designers. Das sehen wir auch im langen Aufgang in den oberen Stock, welcher mit einem großen, flächendeckenden Teppich im Streifenmuster ausgekleidet ist.
Einzelstücke
Ein Raum voller Teller an den Wänden? In dieser Ausstellung geht alles, und wie!
Die 12 ausgestellten Keramikteller sind so eingebettet in ein Meer von weißen, neutralen, runden Tellern. Sie erinnern sie an die hohe Produktion des Künstlers in diesem Bereich (Tausende von Originalwerken!) und hinterfragen das Verhältnis zwischen industriellen Massenprodukten und handwerklich hergestellten Objekten.
Außerdem bilden sie einen wunderbaren Kontrast und ermöglichen, die Details in den Werken Picassos besser zu sehen und zu schätzen. So erscheinen etwa Früchte und Speisen, die auf den Tellern abgebildet oder geformt sind, wie Stillleben, die zum Verzehr bereit sind.
Die 50er-Jahre
Die groß aufgemalten Zahlen 50 an den Wänden stehen nicht für den 50. Todestag Picassos, sondern für seine Schaffensphase der 1950er-Jahre. Oder vielleicht doch?
Von Ende der 1940er bis Anfang der 1960er-Jahre verließ Pablo Picasso die Hauptstadt Paris und ließ sich endgültig im Südosten Frankreichs nieder. Seine Malerei ist zu dieser Zeit geprägt von einer Aktualisierung des Kubismus und einem Dialog mit Henri Matisse. Typisch für diese Zeit sind die neuartigen Skulpturen aus Blech.
Picasso auf dem Plakat
Ein Raum voll tapeziert mit Plakaten von Picasso-Ausstellungen und darüber aufgehängt, eigentlich nur durch die Rahmen zu unterscheidenden, Werke des wohl meist ausgestellten Künstlers der Welt.
Schon zu seinen Lebzeiten hatte Picasso Hunderte von Einzelausstellungen. Galerien und Museumsinstitutionen waren aktiv an der Verbreitung seiner Werke in der ganzen Welt beteiligt.
Einige Ausstellungen spielten eine entscheidende Rolle in seiner Karriere: seine erste Ausstellung in Paris in der Galerie Vollard im Jahr 1901; seine erste Retrospektive in den Galeries Georges Petit 1932; die Ausstellung im MoMA in New York, die vierzig Jahre seines Schaffens feierte, nur wenige Tage nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs; oder zwei große Ausstellungen seiner letzten Gemälde im Papstpalast in Avignon 1970 und 1973.
Porträt des Künstlers als junger Mann
Der letzte Raum ist einem einzigen Bild gewidmet und in zarten, von Hellgelb bis Hellrosa reichenden Farbtönen gehalten. Es ist ein Selbstporträt Picassos, das ihn als jungen Maler darstellt. Erstaunlich dabei ist, dass er es mit 91 Jahren, nur ein Jahr vor seinem Tod, gemalt hat.
Die Ruhe, welche der Raum ausstrahlt, kontrastiert mit dem visuell und emotionell anspruchsvollen Rest der Ausstellung. So wie Weiß die Summe aller Farben ist, ist dieses Bild vielleicht auch die Summe Picassos Leben, Charakter und Werk. Dass er zuversichtlich in die Zukunft blickt, stimmt positiv und ist ein hoffnungsvolles, schönes Ende der bewegenden Ausstellung.
Fazit
Man hat oft das Gefühl, Picasso „gesehen zu haben“. Nicht nur hat er sehr viel produziert, sondern wurden und werden seine Werke oft ausgestellt und zigfach reproduziert. 50 Jahre nach seinem Tod etwas Neues bieten zu können, ist tatsächlich eine Kunst.
Das Musée Picasso Paris hat dabei einen kühnen, mutigen Ansatz gefunden und ihn meisterlich umgesetzt. Eine bessere Hommage an den Künstler, welcher als Inbegriff von Neuem in der Kunst steht, gibt es kaum. Es hätte ihm bestimmt gefallen.
Ich war begeistert.
Sehr empfehlenswert!
6 von 5 Punkte!
Eure Jacqueline
Text – und Bildrechte: © Céline Mülich, 2023
Mit Unterstützung von Jacqueline Glarner.
Bildrechte Picasso Museum: Die Bilder sind nicht rechtefrei. Eigentlich darf man für publizistische Zwecke nicht fotografieren – es sei denn, man hat eine Genehmigung. Nach mehrfachen nachfragen, kam immer noch keine Antwort vom Museum. Wir gehen nun also das Risiko ein, damit wir euch diese tolle Ausstellung zeigen können. Jacqueline war dermaßen beeindruckt, dass wir euch daran teilhaben lassen wollen! Nicht petzen also. 😉
Eure Céline