Dalí im
Unteren Belvedere
Dalí im
Unteren Belvedere
Ausstellung
Dali - Freud
Dalí – Freud
Ausstellung im Unteren Belvedere
bis 29. Mai 2022
Diese Ausstellung ist erst ab 16 Jahren freigegeben.
Um ehrlich zu sein, ich hatte eine andere Vorstellung, als ich plante, die Ausstellung zu besuchen.
Man weiß ja nie, was einem bei einer Ausstellung erwartet. Das ist nun mal so – man kann sich Plakate ansehen und Berichte durchlesen, aber dann ist die Ausstellung doch ganz anders.
Und das soll jetzt nicht bewertend sein: sie war weder schlechter, noch besser als die Vorstellung, die ich hatte… Eben nur – anders …
Anmerkung: die Werke Dalís sind noch bis 2059 geschützt und dürfen nicht veröffentlicht werden, ohne ausdrücklicher Erlaubnis seiner Erben. Deswegen findet ihr in diesem Bericht nur Raumaufnahmen!
Unteres Belvedere
Ticket
Wer war
Dalí
Salvador Dalí (1904 – 1989) ist die Kurzform für Salvador Felipe Jacinto Dalí i Domènech, Marqués de Dalí de Púbol. Er ist einer der bedeutendsten katalanischen Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine Malerei, seine Kunst im Ganzen ist… anders. Wenn man es so sagen möchte. Er gehört dem Surrealismus an, aber er geht – gefühlt – noch einen Schritt weiter als seine „Kollegen“ Joan Miro, Max Ernst, René Magritte (derzeit gibt es eine Ausstellung über Magritte in Barcelona), Man Ray oder Giorgio de Chirico…
Der Surrealismus entstand als geistige Bewegung in den 1920er-Jahren: nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges versuchten die Künstler, die noch vor dem Krieg eine unbeschwert und freie Zeit erlebt hatten und Supranaturalisten genannt wurden, das Erlebte zu verarbeiten. Träume, das Unterbewusstsein und Fantasien wurden zum Zentrum von Literatur und Kunst. Es war ein Aufbahren gegen traditionelle Normen. Eine neue Sicht der Dinge sollte gezeigt werden und das mit Symbolen und neuen Techniken!
Giorgio de Chirico sagte einmal „am wichtigsten sei aber das, was er mit geschlossenen Augen sehe.“ Und genau das war das, was die Surrealisten faszinierte: eine Verbindung von Vorgestelltem und Wahrgenommenem!
Dalí durchlief zunächst eine relativ normale Ausbildung zum Maler und lernte die „normalen“ Genre der Akademischen Kunst kennen – und er war gut darin. Er malte sogar zwischenzeitlich im impressionistischen Stil! Seine Lehrer lobten ihn. Auch nach dem Krieg schien es wie gewohnt weiter zugehen. Er ging nach Madrid an die Uni und es kam zu einer ersten kleinen Ausstellung in Barcelona.
Ab 1929 schloss sich Dalí auf Anregung vom Joan Miró der Gruppe der Surrealisten in Paris an und in der Zeit fand er auch seinen persönlichen und unverkennbaren Stil: die schmelzenden Uhren, die brennenden Giraffen und die umgekehrten Welten entstanden. Die Themen sind immer ähnlich: die Welt der Träume, die Ideen eines Rausches oder die Halluzinationen eines starken Fiebers werden von ihm dargestellt.
Wie kam es aber dazu, warum war Dalí so „anfällig“ für diese Welt? Warum malte Dalí, was er malte? Und warum wollte er die Anerkennung von Sigmund Freud?
Wer war
Freud?
Sigmund Freud (1856 – 1939 in London) war ein österreichischer Arzt und Psychologe. Er zählt zu den weltweit bekanntesten Ärzten, denn die Theorien, die er in seinem Leben entwickelte und anwandte, werden heute noch benutzt, aber auch kritisiert. Er ist also noch allgegenwärtig.
Seine Theorien über kindliche Traumata und Neurosen ging zunächst unter, wurde dann aber zu einem späteren Zeitpunkt aktuell und wichtig. Das merken wir uns an dieser Stelle einmal, da auch Dalí das ein oder andere seelisches Trauma durchlebte, das durch zwischenmenschlichen Konflikt verursacht wurde…
Freuds Buch über die Traumdeutung von 1899 wurde quasi sein Durchbruch – und auch für Dalí zur Bibel. Aber es ist das Buch „Zur Psychopathologie des Alltagslebens“ von 1904, das als Freuds meistgelesenes Werk gilt. Die Entdeckung Sigmund Freuds war für Dalí als die „Hauptentdeckungen seines Lebens“ – er wollte Freud unbedingt kennenlernen!
Der eine schreibt über die Traumdeutung und der andere malte die Träume und wollte sie gedeutet bekommen. Dalí wollte Anerkennung von Freud – für seine Werke und seine selbst entwickelte Theorien!
Die Ausstellung
Dalí - Freud
Warum malte Dalí, was er malte?
Nahe liegt, dass er ein Kindheitstrauma aufzuarbeiten versuchte. Und so ist es.
Sein Vater war nicht nur streng, hinzu kommt eine sehr ungewöhnliche Tatsache. Salvador Dalí erhielt den Namen seines zuvor verstorbenen großen Bruders (1901 – 1903) und damit vielleicht die Bürde genauso zu sein wie er. Dalí drehte das Problem dem Gerecht zu werden im späteren Leben um: er wollte um jeden Preis seine Einmaligkeit unterstreichen…
1908 musste er als 4-Jähriger plötzlich die einzige Liebe, die er hatte – die Liebe seiner Mutter – teilen: Seine Schwester Ana Maria wurde geboren. Und mit 17 Jahren musste er erleben, wie ausgerechnet seine geliebte Mutter starb. Damit nicht genug: sein Vater heiratete dann die Schwester der Mutter!
Weitere Ereignisse, die Dali zu dem machten, was er war, sind vielleicht seine Verhaftung 1923, als er zu Unrecht als Anführer von Unruhen in Katalonien bezichtigt wurde. Oder seinen Rauswurf aus der Königlichen Akademie der Künste 1926, weil er sich weigerte am Examen teilzuhaben, weil er die Professoren für unfähig hielt -IHN richtig zu beurteilen.
Oder den endgültigen Bruch mit seinem Vater, als Dalí sich in die 10 Jahre ältere Gala verliebte und sie unehelich – also in Sünde – zusammenlebten.
Das alles verarbeitet er in seiner Autobiografie „Das geheime Leben“ (1942). Er selbst sagt, dass all seine Zwänge mit seiner Familiengeschichte zusammenhängen.
Er sagt sogar konkret: „Mein Vater wurde immer wieder neu geboren in meinen unaufhörlichen geistigen Projektionen. Freud’scher Held par excellence, habe ich mich von seiner Vormundschaft befreit, indem ich mich von jeder Zelle seines Ichs nährte, und so wurde er eine der Triebkräfte meines Genies.“ oder „Ich musste, um Dali zu werden, meinen Vater Dali y Cusi auf dem psychoanalytischen Altar opfern.“
Während seiner ganzen Schaffenszeit als Mitglied der Surrealisten war Dalí ein Fan von Sigmund Freud und seinen Thesen. Wie zuvor erwähnt, passten seine Theorien für Dalí einfach perfekt.
Und 1938 kam es endlich zu dem von Dalí lang ersehnten Treffen. Freud war vor den Nationalsozialisten aus Wien nach London geflüchtet.
Dalí brachte zu dem Besuch eines seiner Werke mit: die „Metamorphose des Narziss“(1937) – ein riesiges Werk, das auch hier zu sehen ist (siehe Gemälde im Hintergrund von meinem Spiegel-Selfie). Anhand dieses Werkes wollte er Freud seine paranoisch-kritische Methode vorstellen. Denn er entwickelte ein Konzept, mit dem die Kunst an das Unterbewusstsein gelangen konnte. In den Metamorphosen setzt er den Narziss, der ins Wasser blickt, eine gleich aufgebautes Gemälde gegenüber – allerdings ist Narziss nicht mehr eine menschliche Gestalt, sondern eine Hand (aus Stein), die ein Ei hält, aus der eine Blume wächst….
Er nutzte auch Kippbilder – eines der berühmtesten sind die „Schwäne spiegeln Elefanten wider“ (1937). Das Werk wird auch in der Ausstellung gezeigt – es darf allerdings nicht fotografiert werden. Hier sehen wir zunächst Schwäne auf einem See. Doch wenn wir uns die Spiegelung anschauen – sehen wir Elefanten! Der Betrachter sollen sehen, was er sehen will. Die Wahrnehmung des Einzelnen ist die zentrale Rolle dieser Theorie.
Leider verlief das Treffen aber nicht so erfolgreich, wie Dali sich erhoffte. Freud war zwar nachträglich beeindruckt von Dalí – doch aufgrund der Sprachbarriere und der Schwerhörigkeit Freuds verlief das Gespräch nicht sehr ergiebig. Freud wolle aber sein Bild über den Surrealismus überdenken und sagt folgendes:
„Wirklich, ich darf Ihnen für die Fügung danken, die die gestrigen Besucher zu mir gebracht hat. Denn bis dahin war ich geneigt, die Surrealisten, die mich scheinbar zum Schutzpatron gewählt haben, für absolute (sagen wir zu fünfundneunzig Prozent wie beim Alkohol) Narren zu halten. Der junge Spanier mit seinen treuherzig-fanatischen Augen und seiner unleugbar technischen Meisterschaft hat mir eine andere Einschätzung nahegelegt. Es wäre in der Tat sehr interessant, die Entstehung eines solchen Bildes analytisch zu erforschen…“, Freud an Doktor Zweig, 20. Juli 1938
Dalí beendete hiermit jedoch die völlige Konzentration auf Freud und seine Theorien.
Fazit
In der Ausstellung lernen wir den anderen Dalí kennen, den der hinter der verrückten Fassade mit allerlei seelischem Ballast zu kämpfen hat. Wir sehen, wie er sich bemühte seine Traumata zu verarbeiten, Sinn daraus zu ziehen und sogar eine eigene Methode entwickelte. Sein großes Vorbild Freud und andere Psychiater werden dem daneben gesetzt und wir freuen uns irgendwie mit Dalí, dass er es geschafft hat, sein großes Vorbild kennengelernt zu haben. Und wir sind auch etwas unbefriedigt von diesem Treffen.
Ich hatte vor dem Besuch keine richtige Vorstellung von dem, was mich erwartet. Mein erster Eindruck war ein klein wenig enttäuscht. Zu klein, zu eng und zu dunkel wirkte der Raum. Die Gemälde waren eben so klein und mussten „gesucht“ werden. Aber das Schreiben über die Ausstellung hat mich ein klein wenig versöhnlicher gestimmt… 😉
Eure Céline
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2022