Mercat del Born
Mercat del Born
Mercat del Born
Ausgrabungsstätte und Museum
Eine alte Markthalle, die zufällig über archäologischen Reste von einem Teil der Stadt steht, der ab 1714 niedergerissenen wurde. Ein wichtiges Jahr für die Katalanen und somit ist diese Markthalle nun auch ein Kulturzentrum der katalanischen Geschichte.
Meine Bewertung:
Positiv:
Wunderschöne alte Markthalle mit Eisenkonstruktion, die alle begeistern kann und die Ausgrabungen bringen dir für Katalonien sehr wichtige historische Gegebenheiten näher.
Negativ:
Die Ausstellungen sind eher etwas für Geschichtsinteressierte.
Zuletzt aktualisiert: 19.02.2024 | Céline & Jacqueline
Mercat del Born
Tickets
Alles Wichtige
auf einen Blick
Was gibt es
zu sehen?
El Born Centre de Cultura i Memòria, so sein voller Name, ist einerseits eine nicht mehr als solche genutzte Markthalle und andererseits eine archäologische Ausgrabung. Die Kombination ist interessant und
bringt einem für die Stadtgeschichte Barcelonas wichtige Episoden quasi im Doppelpack näher. Der Markt ist von 1876, die archäologischen Reste von der ab 1714 niedergerissenen Stadt. Heute ist es auch ein Kulturzentrum.
Aber jetzt erst einmal der Reihe nach:
Das Gebäude des Mercat del Born ist unübersehbar, vor allem wenn man sich von der Kirche Santa Maria del Mar und dem Passeig del Born nähert. An der Seite zum großen Platz (Plaça Comercial) hin liegt auch der Haupteingang. Der Einlass in die Halle als solche ist kostenlos. Große Taschen und Rucksäcke müssen aber abgegeben werden. Hier kann man auch die Eintritte für die Dauer- und Sonderausstellungen kaufen.
Dann geht’s gegen den Uhrzeigersinn einmal rund um die Halle. Schaut man geradeaus und nach oben ist man fasziniert von der Größe des Raumes, von der filigranen Eisenkonstruktion und dem vielen Licht, das durch die Seiten- und Deckenfenster in die Halle kommt. Schaut man leicht nach unten, sieht man die Ausgrabungsstätte.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Haupteingangs kommt man dann an zwei Ausstellungsräumen vorbei.
Der Erste beherbergt die Dauerausstellung. Hier erfährst du mehr über das Leben der Stadt um 1700. Die moderne und attraktive Ausstellung zeigt Fundgegenstände aus den Ruinen (vor allem Alltagsutensilien) und erklärt uns anhand derer, wie die Leute damals gelebt haben. Zu der Zeit gab es gerade mal 38.000 Einwohner in Barcelona, welches dank regem Handel international sehr gut vernetzt war. Ein gut gemachtes Video erklärt auch, wie es zur Zerstörung nach 1714 kam (leider nicht auf Deutsch, aber Englisch) und anhand von Modellen wird eindrücklich gezeigt, wie die Stadtentwicklung danach und bis zur Einweihung des Zentralmarktes El Born 1876 war.
Die Sonderausstellungen kreisen vor allem um Themen der politischen Resistenz. Bei unserem Besuch handelte es sich um den katalanischen Zeichner Jaume Perich, der mit spitzer Feder gesellschaftlich relevante
Inhalte wie die Unterdrückung zu Zeiten Francos thematisierte.
Die Ausgrabung
Von allen Seiten hat man einen guten Blick auf die Ausgrabung, zu welchen man nur mit Führung hinuntersteigen kann. Es gibt aber auch einige Erklärungstafeln, womit man auch in Eigenregie viel über den Ort lernen kann.
Wenn man Stadtruinen in Europa sieht, dann denkt man oft an die alten Römer. Auch in Barcelona haben wir ja einige Überreste des Römischen Barcino.
Hier im Mercat del Born geht es aber um etwas ganz anderes: Es handelt sich um Teile des nach der Niederlage Kataloniens im Spanischen Erbfolgekrieg 1714 abgerissenen Quartiers La Ribera (für Details, siehe weiter unten „Was ist 1714 in Barcelona passiert?“).
Du kannst die Häuser und Gässchen sehr gut erkennen und doch ist es schwierig, sich vorzustellen, wie das Quartier ausgesehen haben muss also es noch voller Leben war.
Wie schon erwähnt sind wir hier auch in einem Kulturzentrum, das Konzerte, Theater und verschiedenste andere Aktivitäten, auch für Kinder anbietet. Unbedingt das Tagesprogramm anschauen – vielleicht gibt’s ja etwas Interessantes für dich!
Der Rundgang endet dort, wo du hineingekommen bist.
Mercat del Born
Zur Geschichte
Das Gebäude, in dem die Marktstände vom Platz und vom alten Fischhandel untergebracht werden sollten, wurde 1871 von Josep Fontserè entworfen und am 28. November 1876 eingeweiht.
Es ist eines der ersten und bedeutendsten Beispiele für Eisenarchitektur in der Stadt und machte den Markt zum Zentrum eines neuen Viertels, La Ribera. 1921 wurde er zum Großmarkt für ganz Barcelona.
Im August 1971, zeitgleich mit dem Abriss der ersten sechs Pavillons des Les Halles-Marktes in Paris, wurde der Mercat del Born geschlossen und hätte eigentlich abgerissen werden sollen. Es regte sich Widerstand, der aber viel Geduld zeigen musste! Über 20 Jahre sollte es dauern, bis endlich ein solides Wiederverwendungsprojekt vorlag: Das Gebäude soll die Bibliothek der Provinz Barcelona beherbergen. Bei den Umbauarbeiten fand man aber 2002 Reste der 1714 niedergerissenen Stadt und es sollte nochmals 11 Jahre dauern, bis der Mercat del Born 2013 als Kulturzentrum eingeweiht wurde.
Mercat del Born
Was ist 1714 in Barcelona passiert?
Die Ausgrabung im Mercat del Born als solche wäre nicht so wichtig, wenn sie nicht symbolträchtig für die Niederlage der Katalanen gegen den Bourbonen König Philipp V. waren. Deshalb ist das Kulturzentrum auch eine Erinnerungsstätte.
Die Belagerung der Bourbonen-Armee in Barcelona markierte das Ende des Spanischen Erbfolgekrieges, ein Konflikt, der 1701 ausbrach, nachdem Philipp V. von Bourbon, Enkel Ludwigs XIV., zum König ernannt worden war, und zwar nach dem Willen Karls II. von Kastilien, der ohne Nachkommen starb.
Mit der Ankunft des Bourbon-Monarchen auf dem Thron wurden eine Allianz aus Gebieten innerhalb und außerhalb Spaniens geschaffen, die den neuen König nicht akzeptierten und Erzherzog Karl III. von Habsburg als Nachfolger der spanischen Krone unterstützten.
Die wichtigsten europäischen Mächte gegen Philipp V. bildeten die sogenannte „Große Allianz“, die England, Holland, das österreichische Reich, Portugal und Savoyen zusammenbrachte. 1702 erklärten sie Frankreich und Spanien den Krieg, um den französischen Expansionismus einzudämmen und die gefürchtete Union zwischen diesen beiden Ländern unter demselben König zu verhindern.
Die Gebiete der Krone von Aragon, insbesondere Katalonien schlugen sich auf die Seite des Habsburgers, der traditionelle politische Freiheiten verkörperte, während Philipp V. das Modell des französischen Zentralismus und Absolutismus vertritt.
1712 wurden die Armeen der „Großen Allianz“ aus Barcelona evakuiert und die Stadt war allein und (von Land und Meer) von einer Angriffsarmee umgeben, die aus 40.000 spanischen Soldaten bestand.
Die Katalanen verteidigten das Gebiet mit einer nicht professionellen städtischen Miliz. Die meisten Soldaten waren Katalanen; es gab jedoch auch Soldaten aus anderen Teilen der Krone von Aragon und anderen Gebieten, die von Karl III. unterstützt wurden.
Die Belagerung von Barcelona, die vom 25. Juli 1713 bis zum 11. September 1714 dauerte, gilt als eine der blutigsten Episoden des Spanischen Erbfolgekrieges. Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit der Truppen Philipps V. widersetzte sich die Stadt Barcelona bis zu deren Kapitulation.
In der Folge schaffte Philipp V. mit der Errichtung eines zentralistischen Staates in Spanien nach französischem Vorbild die alte, auf die Krone von Aragon zurückgehende Selbstverwaltung Kataloniens ab.
So ist der 11. September heute Nationalfeiertag Kataloniens und soll etwa nicht an einen Sieg erinnern, sondern an ebendiese schmerzliche Niederlage und die darauffolgende Unterdrückung Kataloniens und seiner Kultur.
Offizielle Webseite des Mercat del Born (Cat/ES/EN): elbornculturaimemoria.barcelona.cat
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2020 – 2024
Mit Unterstützung von Jacqueline Glarner.