Verbotene Kunst
Verbotene Kunst
Museum der verbotenen Kunst
Museu de l'art prohibit
Das Museum der verbotenen Kunstwerke hat am 26. Oktober 2023 seine Tore geöffnet. Zu finden ist es in der modernistischen Casa Garriga Nogués, in dem auch einst die Stiftung Mapfre ihre Kunstsammlung präsentierte.
Wir haben diesen Palau also noch einmal besucht und waren überrascht von der Päsentation und der Wucht, die mache dieser Werke in uns auslösten.
Das Museum ist einen Besuch Wert, denn es ist – soweit wir wissen – das einzige Museum dieser Art.
Aber Achtung: Der Besuch wird erst für Kinder ab 13 Jahren empfohlen und beinhaltet Kunstwerke, die auf die NS-Zeit eingehen, christliche Werte verletzen könnten und auch eindeutige Sexualität zeigen.
Meine Bewertung:
Positiv:
Ich war nun dort und war positiv überrascht: von der Freundlichkeit des Personals, der Inszenierung, der Kunst an sich... Es war alles stimmig.
Und ich bin sehr froh, dass Barcelona durch dieses Museum wieder etwas internationaler in Hinblick auf Kunst wird.
Negativ:
Die Themen sind teilweise keine leichte Kost. Man wird hineingesogen in Problematiken, Ungerechtigkeiten und makabere Momente.
Berechtigterweise weist das Museum daraufhin, dass der Besuch erst für Kinder ab 13 Jahren empfohlen wird.
Tipp:
Nutzt den kostenlosen digitalen Guide - es lohnt sich!
Verpasst nicht die Werke im Untergschoss!
Zuletzt aktualisiert: 17.01.2024 | Céline
Museu de l'art prohibit
Tickets
Das wichtigste
auf einen Blick
Was gibt es
zu sehen?
Wir waren mittlerweile vor Ort und waren begeistert.
Man betritt zunächst einen tollen modernistischen Palast – das Treppenhaus ist das architektonische Herz und einfach nur atemberaubend!
Das Museum befindet sich in zwei Stockwerken: dabei beginnt man zunächst oben und am Ende geht man hinter den Schließfächern zum zweiten Teil der Sammlung.
Das Personal gibt euch zu Beginn den QR-Code für den digitalen Guide: nutzt diesen, denn es sind wirkliche viele tolle Informationen enthalten. Wie man diesen benutzt? Sucht nicht nach Nummern oder QR-Codes an den Skulpturen… Ihr müsst mit der App einfach ein Foto von dem Werk machen und er sucht euch dann die Infos raus…
Derzeit sind folgende bekannte Künstler zu sehen: Ai Weiwei, Picasso, Klimt, Warhol oder Banksy. Sie gehören mit vielen Anderen vielleicht unbekannteren Künstlern zu der Sammlung. All die Künstler haben unterschiedliche „Verbote“ durchleben müssen, die vor Ort en détail erklärt werden.
Als ich nun den ersten Stock betreten habe, wurde es zunächst einmal dunkel: Ein schwarz gestrichener Flur erwartet euch – aber es bleibt nicht so, die anderen Räume sind hell und luftig.
An dieser Stelle aber eine Anmerkung an alle Deutschen: Beim Hineinkommen blickt man gleich in einen Raum und kann den Schriftzug „Arbeit macht frei“ lesen – diese Nachahmung des KZ-Schildes von Auschwitz ist eine Arbeit der kubanischen Künstlerin Tania Bruguera – sie wurde als „größte Feind des Castro-Regimes“ bezeichnet.
Als das Original-Schild 2009 gestohlen wurde, fertigte sie diese Nachahmung an – „Plusvalia“ (“Mehrwert“). Der Grund: eine Reflexion über die Grenzen von Angebot und Nachfrage auf dem Markt, wenn das betreffende Objekt eine starke historische und moralische Komponente aufweist.
Auswahl
an Kunstwerken
Juan Carlos in einer unangemessenen Situation
Kunstwerk: Not dressed for conquering / HC04 Transport
Künstlerin: Ines Doujak
Zensiert während einer Ausstellung im MACBA 2015
Grund: der damalige spanische König Juan Carlos wird in einer unmissverständlichen Pose gezeigt.
Die Ausstellung „Die Bestie und der Souverän“ wurde 2015 im MACBA gezeigt. Ziel der Ausstellung war es zu sehen, wie die Kunst die Idee der Souveränität infrage stellt. Auch ich war damals vor Ort und tatsächlich, kann ich mich hauptsächlich nur noch an diese Skulptur erinnern, da sich die gesamte Presse darauf stürzte. Es ging so weit, dass der Direktor die Ausstellung einen Tag vor Eröffnung sogar absagen wollte. Nur wegen dieser Skulptur. Die Kuratoren der Ausstellung waren dagegen und wollten das Werk auch nicht entfernen. Die Ausstellung eröffnete schließlich und der Direktor trat zurück.
Die Skulptur der österreichischen Künstlerin Ines Doujak kritisiert die Machtverhältnisse, die im Rahmen von Kolonialismus entstehen. Die Skulptur zeigt einen Hund, der die bolivianische Frauenführerin Domitila Barroios de Chúngara sodomisiert, die ihrerseits einen Mann sodomisiert, der als ehemaliger König Juan Carlos I. identifiziert werden kann, der sich auf einem Bett aus SS-Offiziershelmen erbricht.
Weibliche Schuhe und Gebetsteppiche
Kunstwerk: Silence Rouge et Bleu
Künstlerin: Zoulikha Bouabdellah
Gewalttätige Drohungen erzwingen Entfernung der Gebetsteppicharbeit
Grund: Das Werk wurde in Clichy (Frankreich) bei einer Gruppenausstellung weiblicher Künstlerinnen gezeigt. Kurz nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo…
Ebenfalls im Jahr 2015 wurde dieses Werk zensiert. Denn es war das Jahr, in dem 12 Menschen bei dem Terrorakt von Charlie Hebdo starben. Einige Wochen später eröffnete in Clichy die Ausstellung „Femina ou la réappropriation des modeles“ („Femina oder die Wiederaneignung der Modelle“) in der es um die Frage der geschlechtlichen und kulturellen Identitäten unter dem Gesichtspunkt des künstlerischen Schaffens ging. Zoulikha Bouabdellah war eine der 18 Künstlerinnen mit diesem Werk, dass die Stärke arabischer Frauen verdeutlichen soll.
2 Tage vor Eröffnung warnte der Bürgermeister vor gewalttätigen Drohungen, die passieren könnten. Die Kuratoren und die Künstlerin entschieden sich dazu, das Werk aus der Ausstellung zu nehmen – daraufhin stellten sich viele der anderen Künstlerinnen aus Solidarität hinter Bouabdellah und zogen auch ihre Kunst zurück.
Das Werk wurde vorher und auch danach in anderen Museen ausgestellt und zog keine Drohungen an.
Misshandelte Frauen
Kunstwerk: The Statue of a Girl in Peace
Künstler/in: Kim Eun-Sung & Kim Seo-Kyung, ein koreanisches Künstlerehepaar
Japans Aichi Triennale zensiert wegen öffentlicher Drohungen gegen eine Skulptur ihre eigene Ausstellung über Zensur
Grund: Es sei eine Anti-Japanische Propaganda – dieses Werk war Gurnd für viele diplomatische Problematiken zwischen Südkorea und Japan.
Das Werk ist eine Hommage an die sogenannten „Comfort women“. Es ist ein Begriff der während des Zweiten Weltkriegs und der Zeit der japanischen Besatzung Koreas aufkam. Dabei handelt es sich um Frauen, die von den japanischen Streitkräften und ihren Verbündeten in militärischen Bordellen oder „Trostfrauenhäusern“ zur sexuellen Ausbeutung gezwungen wurden. Dies stammten aus vershciedenen Ländern – vor allem Korea und den Philippinen. SIe wurden verschleppt und unter menschenunwürdigen Bedingungen gefangen gehalten und zur Prostitution für die japanischen Soldaten gezwungen. Auch heute – wie wir an diesem Beispiel sehen können – ist das Thema mit vielen Spannungen verbunden. Seit 1990 versuchen koreanische Aktivisten eine Entschuldigung von Japan für diese Gräueltaten zu erhalten. 2011 wurde die erste Version dieser Skulptur vor der japanischen Botschaft in Seoul aufgestellt. 2015 kam es auch endlich dazu, zusammen mit der Gründung einer Stiftung für die Opfer – aber die Skulptur sollte verschwinden.
Diese Skulptur von 2019 wurde in der Ausstellung „Freedom of Expression?“ in Aichi, Japan gezeigt. Der Bürgermeister wollte diese aber entfernen – die Organisatoren bekamen Drohbriefe. Die Skulptur wurde aber gezeigt – mit hohem Security-Aufkommen.
Von dieser Skulptur gibt es mittlerweile dutzende Replika auf der ganzen Welt. Und hier könnt ihr sie nun auch betrachten und euch zu ihr setzen.
Achtet auf die Wandtexte: jedes Detail der Skulptur hat eine bestimmte Bedeutung! Das schlecht geschnittene Haar soll zum Beispiel daran erinnern, dass allen Opfern gegen ihren Willen von ihren Familien „abgeschnitten“ wurden. Der Vogel ist das Symbol des Friedens und der Schmetterling soll die Hoffnung der Überlebenden darstellen.
An dieser Stelle muss ich mein Lachen auf dem Stuhl erklären: Ich kam in den Raum und hatte noch keine Ahnung, als mir gesagt wurde, man könne sich dazusetzen… Und man lacht eben, wenn man fotografiert wird. Erst danach habe ich gelesen, worum es ging…
McDonalds am Kreuz
Kunstwerk: McJesus
Künstler: Jani Leinonen
Grund: Ein gekreuzigter Ronald McDonald’s sorgt für Empörung in Israel
2019 verlangte die christliche Gemeinde in Haifa, Israel, die Abhängung des Werkes aus der Ausstellung „Sacred Goods“, da es zu beleidigend sei. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Der Künstler, der gar nicht wusste, dass es ausgestellt war, lies das Stück dann abhängen.
Die Ausstellung brachte Kunstwerke zusammen, die unsere Konsumieren-Kultur und die Werte des Kapitalismus kritisierten. Erst als dieses Werk der Ausstellung auf Facebook seine Runde machte, begannen die Proteste. Es ging sogar so weit, dass man einen Anschlag auf das Museum versuchte. Der Kulturminister wollte das Werk entfernen lassen, da dieser Anschlag zu weit ging. Das Museum weigerte sich – das wäre ein Angriff auf die Freiheit der Meinungsäußerung. Es ging sogar bis vor Gericht.
Erst als der finnische Künstler es mitbekam, wurde der McJesus abgehängt. Denn dieser wollte gar nicht Teil der Ausstellung sein, da er den Boykott an Israel unterstütze und er nicht wollte, dass seine Werke in Israel ausgestellt werden.
Im gleichen Raum der Ausstellung im Prohibit finden wir auch eine Raquel Welch am Kreuz – auch das Foto schlug Wellen in der Presse. Das Bild ist von 1966. Die Schauspielerinl und der Fotograf Terry O’Neil entschieden sich damals, das Foto nicht zu veröffentlichen. Es kam aber 30 Jahre später heraus und schaffte es auf die Titelseite des Sunday Times Magazine und schlug große Wellen.
Andere Werke bekanntere Künstler, die aber erst einmal weniger Wirkung haben…
Werk: Caprichos
Künstler: Francisco Goya
Was ist passiert: Goya wurde deswegen vond er Inquisition verhört
Werk: Filippo Strozzi in Lego
Künstler: Ai Weiwei
Was ist passiert: LEGO wollte Ai Weiwei keine Steine mehr verkaufen, sie wollten politisch nicht in Erscheinung treten. Ai Weiwei rief daruafhin die Öffentlichkeit an, und ihm wurden sehr viele Steine zugeschickt.
Werk: Mao
Künstler: Andy Warhol
Was ist passiert: Chinesische Behörden verbaten 2013 die Ausstellung einiger Mao-Porträts, da sie nicht respektvoll gegenüber Mao Zedong seien. Diese Werke wurden am Ende wirklich nicht ausgestellt.
Werk: Schwebende Akt mit ausgebreiteten Armen (Studie für „Medizin“)
Künstler: Gustav Klimt
Was ist passiert: 1894 bestellte der Staat drei Werke von Klimt, um die Universität Wien zu schmücken. Die Werke wurden als pornografisch angesehen und 87 Professoren der Uni verlangten, dass sie nicht angebracht werden. Die Originale wurden am Ende des Zweiten Weltkrieges verbrannt.
Werk: Suite 347
Künstler: Pablo Picasso
Was ist passiert: Die Serie wurde 1968 in einer Galerie ausgestellt, aber nur in einem Separee, das nur für Erwachsene zugänglich war. 2012 wurde diese Serie in Russland gezeigt, ebenfalls erst ab 16 Jahren freigegeben. Die Orthodoxen Kirche forderte die Abhängung der Ausstellungsplakate.
Werk: Untitled
Künstler: Keith Haring
Was ist passiert: Hinter seinen scheinbar naiven und farbenfrohen Werken verbarg der Künstler eine Anprangerung sozialer Themen, wie den Kampf gegen die AIDS-Epidemie, an der er selbst litt. Er wurde als Provokateur abgestempelt, weil er die schwule Gemeinschaft verteidigte, und wurde mehrmals wegen seiner Graffiti in New Yorker U-Bahn-Stationen verhaftet.
Werk: Smiling Copper
Künstler: Banksy
Was ist passiert: Polizeiliche Gewalt ist ein wiederkehrendes Thema in Banksys Werken. Er stellt oft Polizisten dar, um den Missbrauch und die Widersprüche des Systems anzuprangern. Dieses Werk ist Teil einer Serie mit stark bewaffneten Polizisten, die aber alle ein Smiley tragen.
Casa Garriga Nogués
Zur Geschichte
Die Casa Garriga Nogués wurde 1899 – 1901 erbaut und ist ein modernistisches Juwel in Barcelona. Der Architekt Enric Sagnier i Villavecchia ist vielleicht nicht so bekannt, wie die zeitgenössischen Architekten Gaudi, Cadafalch oder Montaner, aber auch er schuf tolle Gebäude, wie man sieht. Besonders die majestätische Treppe hat es uns damals angetan. Auch gibt es einen Saal, mit einem wunderschönen Buntglasfenster – einfach ein Traum!
Auftraggeber war der Bankier Rupert Garriga-Nogués i Miranda – daher auch der Name des Palastes. Er lebte hier bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges. Danach zog eine religiöse Schule hier ein.
Von 1983 bis 2004 war der Palast der Sitz der Grup Enciclopèdia Catalana.
Von 2008 bis 2015 schließlich hatte die Stiftung Mapfre hier ihren sitz und richtete regelmäßig Top-Ausstellungen aus. Mit dem Umzug dieser Stiftung in das neue KBr Gebäude, ließen die Kassenschläger-Ausstellungen leider nach…
Jetzt haben wir das Museum der verbotenen Kunst hier, und freuen uns zu sehen, dass es in Barcelona wieder etwas internationaler und zeitgenössischer wird! 😀
Der Sammler
Entstehung des Museums
Alles fing damit an, als der Unternehmer und Journalist Tatxo Benet 2018 ein Kunstwerk des Künstlers Santiago Sierra erwarb. Der Titel „Presos Políticos en la España Contemporánea“ (Politische Gefangene im zeitgenössischen Spanien). Kurz nach dem Erwerb entfernte die Galerie aber das Kunstwerk von allen Medien – die Wörter“politische Gefangene“ führte zur Zensur, man wollte es den Besuchen nicht mehr zeigen. Das hat den Sammler getriggert und zum Aufstellen einer Sammlung erwogen, die den Fokus auf Zensur jeglicher Art legt und die Initiative diese in einem Museum zu zeigen entstand. Dafür hat Tatxo Benet hat fast 200 Kunstwerke zusammengetragen.
Ihre Intention – die Mission quasi – des Museums ist, uns die Möglichkeit zu eröffnen, Kunstwerke zu betrachten, die in anderen öffentlichen Museen oder Ausstellungen abgelehnt wurden.
Text – und Bildrechte: © Céline Mülich, 2023 – 2024