Bourse de Commerce
Bourse de Commerce
Die Pinault Collection in der
Bourse de Commerce
Zeitgenössische Kunst in einem geschichtsträchtigen Gebäude: das ist die Bourse de Commerce – Pinault Collection. Sie wurde 2021 eröffnet und beherbergt in wechselnden Ausstellungen eine Auswahl der rund 10 000 Werke, die der französische Geschäftsmann François Pinault in 50 Jahren zusammengetragen hat.
Sie befindet sich zwischen Louvre und Centre Pompidou im ersten Arrondissement von Paris.
Öffnungszeiten:
Montag, Mittwoch – Sonntag: 11.00 – 19.00 Uhr
Freitags 11.00 – 21.00 Uhr
Dienstag Ruhetag
Meine Bewertung:
Positiv:
Die Architektur ist imposant! Die Glaskuppel und das Deckenfresko sind einfach wow!
Unterschiedliche Künstler und Ausstellungen machen den Besuch abwechslungsreich. Und familienfreundlich ist es auch noch: für Kinder gibt es eine Mal- und Bastelecke und einen eigenen Plan (auf EN) um das Gebäude zu erobern.
Negativ:
Zeitgenössische Kunst interessiert dich nicht? Architektur auch nicht? In diesem Fall können wir dir das Museum leider nicht empfehlen. :)
Tipp:
Wegen der Glaskuppel über der Rotunde lohnt es sich, auf Sonnenschein zu warten. Das „Herzstück“ des Gebäudes kommt so einfach am besten zur Geltung.
Zuletzt aktualisiert: 19.01.2024 | Céline & Anne
Bourse de Commerce
Tickets
Bourse de Commerce Tickets | Preis | Information | Ticket kaufen |
---|---|---|---|
Zeitgebundenes Ticket |
14 € | Zeitgebundener Eintritt in die Bourse de Commerce - Pinault Collection, inkl. Audioguide auf Deutsch | Ticket kaufen |
|
Kombi-Ticket 138 € | Eintritt in die Bourse de Commerce - Pinault Collection, inkl. Audioguide auf Deutsch (Tagesticket) + Eintritt in die Fondation Louis Vuitton (wenn eine Ausstellung stattfindet) | Ticket kaufen |
Tagesticket |
18 € | Tagesticket für die Bourse de Commerce - Pinault Collection, inkl. Audioguide auf Deutsch | Ticket kaufen |
|
Kombi-Ticket 231,35 € | Eintritt in die Bourse de Commerce - Pinault Collection, inkl. Audioguide auf Deutsch (Tagesticket) + Eintritt in das Centre Pompidou | Ticket kaufen |
Kombi-Ticket 3 |
30,40 € | Eintritt in die Bourse de Commerce - Pinault Collection, inkl. Audioguide auf Deutsch (Tagesticket) + Eintritt das Picasso Museum | Ticket kaufen |
Alles Wichtige
auf einen Blick
Was gibt es
zu sehen?
Ausgewählte Werke aus der Pinault Collection werden thematisch immer wieder neu kuratiert. Es gibt eine Hauptausstellung und dazu einzelnen Künstlern gewidmete kleinere Ausstellungen, die zeitlich versetzt laufen.
Den Überblick zu behalten ist dabei teilweise nicht ganz einfach: Zum Zeitpunkt unseres Besuchs gab es 4 Ausstellungen und das Herz des Gebäudes: die Rotunde mit den grandiosen Fresken und der enormen Kuppel!
Daneben gab es auf verschiedenen Ebenen noch spezielle Extras: sogenannte In-situ Werke, die die verschiedenen Ausstellungen untereinander, aber auch das „Außen“ mit dem Inneren verbinden. Haltet die Augen gerade nach diesen offen – oder auch die Ohren. 😉
Die Rotunde
Am besten startest du deinen Besuch in der Rotunde. Das rundum laufende Deckenfresko auf 140 x 10 m, das den Übergang von der Kuppel zu den Wänden bildet, ist einfach großartig! Es entstand Ende des 19. Jahrhunderts und zeigt den Handel zwischen den fünf Kontinenten, unterbrochen von vier Grisaillen (Malereien in schwarz-weiß), die die vier Himmelsrichtungen repräsentieren. Gemalt wurde es von Alexis-Joseph Mazerolle, Évariste-Vital Luminais, Désiré-François Laugée, Victor Georges Clairin und Hippolyte Lucas.
Im Zentrum der Rotunde fand bei unserem Besuch die Ausstellung “Before the Storm” (Vor dem Sturm) des Künstlers Danh Vo statt. In dieser wurden Eichenstämme, die im Zuge von Zeit und Stürmen gestorben sind zusammen mit dem französischen Staatsforstamt für die Ausstellung ausgewählt. Diese werden in Holzkonstruktionen gehalten. Die Ausstellung endet am 24. April 2023.
Die Galerien
Von der Rotunde aus macht es am meisten Spaß, sich ein bisschen treiben zu lassen. Man kann mal auf der Passage zwischen Betonzylinder und Innenwand entlang verschiedenste Vitrinen bewundern. Oder man geht über die Treppe auf die umlaufende Plattform am oberen Ende des Zylinders, um das Deckengemälde besser bewundern zu können.
Im Dritten Stockwerk gibt es auch ein Restaurant namens „Halle aux Grains“ (Kornkammer), in Anlehnung an die frühere Funktion der Räumlichkeiten. In der Ferne ist über das Einkaufszentrum Les Halles hinweg der obere Teil des Centre Pompidou zu sehen.
Von dort „oben“ kann man sich von über die Treppe zurück ins Erdgeschoss „arbeiten“. Übers Treppenhaus kommt man in den zweiten Stock zu den Galerien 4 bis 7 in denen wechselnde kleinere Ausstellungen zu sehen sind.
Im ersten Stock befindet sich die Galerie 3. Im Erdgeschoss – da wo wir mit der Rotunde gestartet sind, ist auch die Galerie 2 zu finden.
Aber damit nicht genug – es geht noch weiter! Im Untergeschoss befinden sich die Räume Auditorium, Foyer und Studio, wo während unseres Besuchs Videoinstallationen auf raumfüllenden Leinwänden zu sehen waren, die man bequem, auf Sitzsäcken liegend, auf sich wirken lassen konnte. Verpass nicht den Maschinenraum, wo die Original-Kühlanlage aus dem 19. Jahrhundert erhalten ist!
Spannende Abwechslung
In-situ Werke!
Toll waren die teils echt witzigen Überraschungen, die uns während des Besuchs erwarteten. Die verdanken wir einem der Prinzipien der Collection Pinault: Eine Verbindung zwischen den Werken und ihrem architektonischen, natürlichen und städtischen Kontext schaffen. Das ist gelungen!
Gleich in der Rotunde überrascht die Besucher eine der „Pariser Plagen“. Auf der Balustrade im dritten Stock hat sich ein Schwarm Tauben niedergelassen und es ist nicht wirklich auf den ersten Blick ersichtlich, dass diese nicht lebendig sind. Echt sind sie nämlich, wenn auch ausgestopft.
Es handelt sich um ein Werk des Künstlers Maurizio Cattelan mit dem Titel „Others“ (2011), die erste der „In Situ“-Installationen, die über einen längeren Zeitraum ausgestellt sind (in diesem Fall bis zum 31. Dezember 2024).
Die nächste hätten wir fast übersehen. Neben dem Aufzug im 1. Stock steht vor einer leeren Wand ein großes Schild: „Werk wird restauriert, danke für Ihr Verständnis“. Ist das jetzt Kunst oder kann das …huch! Da unten bewegt sich was! eine Maus, die sich gerade durch die Wand frisst und dabei eine Menge Dreck produziert. 😊
Eine Arbeit von Ryan Gander aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „I…I…I…“. Der Künstler kommentiert sie so: „Ihre kleinen Quietschgeräusche drücken das Bedürfnis aus, eine Spur von unserem Aufenthalt auf der Erde zu hinterlassen. Sie errichten ein Denkmal für die Sprache, die einzige Sache, die Menschen von Tieren unterscheidet. Ihre Schwierigkeiten, sich auszudrücken, veranschaulichen unser Bedürfnis, Geschichten zu erzählen und gehört zu werden, selbst wenn wir nichts zu sagen haben (…).“
Nummer drei befindet sich im Maschinenraum und ist definitiv nicht zu übersehen. Es handelt sich um ein Selbstporträt von Duane Hanson, einer Schlüsselfigur des Hyperrealismus in den USA: „Seated Artist“ (1971).
Nummer vier ist eine Lichtinstallation auf der Medici-Säule außen am Gebäude, welche die Säule gewissermaßen zu einem Leuchtturm macht. Sie stammt von Philippe Parreno und trägt den Titel „Mont Analogue“. Für die Eröffnungsausstellung hat der Künstler eine Version des bereits 2001 entstandenen Werks entworfen. Er übersetzte einen unvollendeten Roman des Autors René Daumal, der 1951 posthum veröffentlicht wurde, in einen Code, der als wechselnde, farbige Lichter sichtbar wird. Eine mythische Botschaft an Paris, von dem Ort, an dem einst – möglicherweise – Nostradamus die Sterne beobachtete. Er war einer der Astrologen von Katharina von Medici, die die Säule gerüchteweise für diesen Zweck errichten ließ.
Neben den „In situ“-Werken hat uns auch beeindruckt, wie die Ausstellung auf überraschende Weise alle Sinne anspricht. Denn im Treppenhaus überraschte uns das Tropfen von Wasser. Tatsächlich ist es Klangkunst von Dominique Gonzalez-Foerster, die bewirken soll, dass die Grenzen zwischen Innen und Außen verschwimmen.
Im zweiten Stock wieder Wasser plätschern. Diesmal kommt es aus einem Jackett, das an der Wand befestigt ist. Durch ein Guckfenster sieht man einen kleinen Wasserfall, komplett mit Holz, Moos und Steinen.
In einem der Räume riecht es stark nach einem Mix aus Holz und Farbe? Der Klang eines Videos lässt nach der Quelle suchen, die Leinwand befindet sich aber erst im nächsten Raum. Ein Projektor – wohin projiziert er? Mehrere Besucher halten die Hand vor die Linse, um das herauszufinden. Ah, die Wand gegenüber.
Der Sammler
François Pinault
François Pinault ist ein bekannter französischer Geschäftsmann und Eigentümer der Firmengruppe Kering (Gucci, Yves Saint Laurent und viele mehr). Er sammelt seit 50 Jahren zeitgenössische Kunst.
Alles begann mit dem Gemälde „Cour de ferme en Bretagne“ (nicht datiert, 1888 – 1889) des Postimpressionisten Paul Sérusier, einem Schüler von Paul Gaugin. Davon ausgehend entdeckte er Kubismus, abstrakte Kunst, Minimalismus und alles, was für ihn als zeitgenössisch gelten kann (er ist 1926 geboren). Mittlerweile sind rund 10 000 Werke aller Formen und Medien zusammengekommen: Malerei, Skulptur, Fotografie, Installation, Video, Performance…
Seit 2006 ist eine Auswahl im Palazzo Grassi in Venedig zu sehen, 2009 kam mit der Punta della Dogana ein weiteres Gebäude hinzu.
2021 konnte er endlich seinen Traum verwirklichen, nämlich seine Sammlung „im Herzen von Paris, der Stadt, die ich liebe“, in der Bourse de Commerce zu präsentieren. Damit hat er mit seinem Konkurrenten Bernard Arnault gleichgezogen, einem anderen französischen Geschäftsmann und Eigentümer von LVMH (Louis Vuitton Moet Hennessy). Der sammelt „zufällig“ auch zeitgenössische Kunst und eröffnete 2014 die Fondation Louis Vuitton, die wir natürlich auch für dich besucht haben.
Nach dem Brand von Notre-Dame 2019 sagte Pinault eine Spende von 100 Millionen Euro zu, woraufhin Arnault die doppelte Summe versprach. Die Konkurrenz geht also weiter 😉
Bourse de Commerce - Pinault Collection
Zur Geschichte
Die Bourse du Commerce (Handelsbörse) von Paris entstand in ihrer heutigen Form im Jahr 1889. Die Ursprünge gehen aber viel weiter zurück. Bereits im 13. Jahrhundert befand sich dort eine Stadtvilla, die in den 1570er-Jahren von der umtriebigen Königin Katharina von Medici erworben und renoviert wurde. In diesem Zuge ließ sie 1578 eine 31 Meter hohe Säule errichten, angeblich als Observatorium für ihre Astrologen. Nach ihrem Tod machte der Herzog von Soissons das Gebäude zu seinem Wohnsitz. Durch Erbfolge gelangte es in den Besitz von Viktor Amadeus von Savoyen, der dort die Pariser Börse installierte. Er ging jedoch bankrott und musste an die Stadt Paris verkaufen. Diese riss die Villa 1748 ab, nur die Säule blieb erhalten.
1763 bis 1767 entstand das kreisrunde Gebäude in seiner heutigen Form. Es diente als Getreidehalle, mit Lager im oberen Stockwerk und Raum für Händler, Kontrolleure und Verwaltungspersonal in den Galerien. Der Innenhof wurde mit einer Kuppel aus Holz überdacht, die aber leider 1802 durch ein Feuer zerstört wurde. Ersetzt wurde sie durch ein verglastes Modell mit gusseiserner Struktur. Im 19. Jahrhundert ging der Getreidehandel zurück und ein weiteres Feuer im Jahr 1854 zog das Gebäude erneut in Mitleidenschaft. Es blieb 30 Jahre lang geschlossen, bis die Stadt sich 1885 entschied, eine Handelsbörse einzurichten.
Der Architekt Henri Blondel wurde mit dem Umbau betraut. Er behielt die Ringform und die eiserne Dachstruktur und verlegte den Eingang in Richtung des Louvre. Innen und wie außen ließ er prächtige Verzierungen anbringen. Den Eingang umrahmen vier Säulen, gekrönt von einem dreieckigen Giebel, auf dem drei Figuren des Bildhauers Aristide Croisy thronen – eine Allegorie auf die Stadt Paris mit Wohlstand und Handel zur Rechten und Linken.
Von den Galerien im Erdgeschoss führt eine Doppelhelix-Treppe in den Kornspeicher im dritten Stock. Die ungewöhnliche Form hat einen ganz praktischen Grund, denn so waren der Weg nach oben und nach unten getrennt und die Träger mit den Kornsäcken behinderten sich nicht gegenseitig. Im Erdgeschoss wurde ein Maschinenraum eingerichtet, der der Kühlung per Druckluft diente, ausgetüftelt vom österreichischen Ingenieur Victor Popp.
1889 konnte die Öffentlichkeit das Gebäude bei der Pariser Weltausstellung zum ersten Mal bewundern – zusammen mit einem anderen, sehr berühmten Bauwerk… dem Eiffelturm! Der Getreidehandel lief erneut an, daneben wurden auch Zucker und Spirituosen gehandelt, bis das Geschäft beim Börsenkrach 1929 einen empfindlichen Einbruch erlitt. Von 1949 bis 2016 diente der Rundbau der Pariser Industrie- und Handelskammer als Sitz.
2016 kaufte die Stadt Paris ihn und verpachtete ihn an François Pinault – zunächst für 50 Jahre. Dieser beauftragte den japanischen Architekten Tadao Ando, der auch schon seine Museen in Venedig gestaltet hatte, mit der Renovierung. Ando fügte einen Betonzylinder von 30 Metern Durchmesser und neun Metern Höhe ein, sodass innerhalb der Rotunde ein äußerer Korridor entstand. Eine Treppe führt zu einer Plattform, die in Höhe des 1. Stocks am oberen Ende des Zylinders entlangläuft. Von hier gelangt man auch in die Galerie 3, die sich im 1. Stock außerhalb des Zylinders befindet. Natürlich gab es noch einiges mehr zu tun, so wurden etwa alte Eichvertäfelungen restauriert und die Ausstellungsräume mussten den multimedialen Anforderungen entsprechend umgebaut werden.
Die Arbeiten für die stolze Summe von 150 Millionen US-Dollar waren im Februar 2020 abgeschlossen. Aufgrund der Pandemie verschob sich die Eröffnung jedoch noch einmal – am 22. Mai 2021 war es dann endlich so weit.
Fazit
Wir sind absolut sicher, dass es auch in Zukunft nicht langweilig wird, ganz gleich, welche Ausstellungen gerade gezeigt werden.
Das wäre ganz im Sinne des Sammlers. Gefragt, welches Werk seiner unfassbar großen Sammlung ihm die größte Freude bereitet, sagt er: „Ich hoffe, dass es dasjenige ist, das ich morgen oder in den nächsten Jahren sehen werde. Ich habe oft große Freude an einzelnen Werken. Aber ich träume davon, dass ich das schönste, das mir die größte Freude bereitet, morgen früh sehen werde.“
Und falls du dich nach dem Besuch doch an zeitgenössischer Kunst sattgesehen hast, haben wir hier noch einen heißen Tipp für ein „klassisches“ Dessert: In der Kirche direkt neben der Bourse de Commerce hängt ein echter Rubens… mehr Infos dazu und zum 1. Arrondissement findest du hier.
Offizielle Webseite der Bourse de Commerce – Pinault Collection (FR/EN): www.pinaultcollection.com/en/boursedecommerce
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2o23 – 2024
Mit Unterstützung von Anne Okolowitz.