Musée du Quai Branly
Musée du Quai Branly
Musée du Quai Branly / Jacques Chirac
Tickets, Öffnungszeiten & Geschichte
Das Museum Quai Branly wurde 2006 eröffnet und ist das nationale Museum für außereuropäische Kunst. Die ständige Sammlung zeigt rund 3500 Werke: Skulpturen, Plastiken, Textilien und tägliche Gegenstände aus Ozeanien, Asien, Afrika, dem mittleren Osten und Amerika.
Als Anerkennung für die Verdienste des ehemaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac um den Dialog von innere und außereuropäischer Kunst wurde das Museum 2016 nach ihm benannt.
Meine Bewertung
Positiv:
Masken und Tierfiguren – das war so ein bisschen mein Vorurteil als ich „außereuropäische Kunst“ hörte. Gibt es so etwas wie einen „white gaze“? Denn ich habe hier einen unfassbaren Reichtum entdeckt, mit dem ich nicht gerechnet hätte.
Negativ:
Wenn du ausschließlich auf Gemälde alter Meister stehst, lohnt sich der Besuch eher nicht.
Tipp:
Im Audioguide (absolut empfehlenswert) sind auf Deutsch nicht zu allen Nummern Inhalte hinterlegt. Im Englischen allerdings schon. Wenn du also eine Nummer nicht findest – einfach die Sprache wechseln.
Zuletzt aktualisiert: 20.09.2024 | Céline & Anne
Musée du Quai Branly
Tickets
Alles Wichtige
Auf einen Blick
Was gibt es
zu sehen?
Das Museum du Quai Branly ist das nationale Museum für außereuropäische Kunst. Die ständige Sammlung zeigt rund 3500 Werke, die in diese Bereiche gegliedert sind: Ozeanien, Asien, Afrika und Amerika. Es gibt aber auch thematische Räume oder Vitrinen um bestimmte Arbeitsweisen unter die Lupe zu nehmen und zu vergleichen.
So finden wir Skulpturen, Plastiken, Textilien und tägliche Gegenstände wie Werkzeuge oder Schmuck der verschiedenen Kontinente. Dazu dokumentieren Fotografien das Leben der verschiedenen Völker.
Zuerst...
Der Garten
Das war eine Überraschung! Auf dem Weg zum Eingang durchquerte Anne einen 1,8 Hektar großen Garten. Mit 169 Bäumen und jeder Menge anderer Pflanzen ist das hier eine wahre Oase im Kontrast zum Trubel der Stadt. Der Eintritt in den Garten ist frei, daher eignet er sich auch super, um zwischen zwei Sightseeing-Spots eine erholsame Pause einzulegen (vom Eiffelturm aus sind es nur 5 Minuten zu Fuß).
Um ihn passend zum Museum zu gestalten, wählte der Landschaftsarchitekt Gilles Clément Pflanzen aus der ganzen Welt: Eichen und Farne aus Europa, Anemonen und Magnolien aus Asien, Ahornbäume aus den USA und vieles mehr. Ein Garten in Bewegung – ganz anders als die streng angelegten französischen Gärten.
dann...
Die Architektur
Sowohl im Garten als auch im Inneren des Museums verlaufen die Wege und Gänge gewunden. In den vier Sektionen, die den unterschiedlichen Kontinenten gewidmet sind, kann man sich leicht verlaufen. Zusammen mit den vielen fremdartigen Objekten entstand bei mir ein gewisses Gefühl von „Verloren Sein“ in diesen Kulturen, die mir nicht oder nur wenig vertraut sind.
Der Architekt Jean Nouvel hatte allerdings viel mehr eine Architektur des Fließens und der Durchlässigkeit im Sinn. So befindet sich in der Mitte des Gebäudes, über alle Stockwerke hinweg, ein Glaszylinder mit Musikinstrumenten, welche Sprachen, Musik und Erzählungen als immaterielles Kulturerbe darstellen sollen. Außerdem gibt es nur halbhohe Abgrenzungen und keine raumhohen Wände. Das Verbindende mehr zu betonen, als das Trennende, ist, wie ich meine, die richtige Betrachtungsweise – aber um dahin zu kommen, benötigte ich ein bisschen Zeit.
und schließlich
die Sammlung
Nach dem Eingang erwartet den Besucher eine kurvige Rampe, hin zu den Ausstellungsräumen. Auf dem Boden „fließt“ die Videoinstallation „The River“ von Charles Sandison. Projiziert werden 16 597 Namen – wow: so viele Völker, Kulturen und Orte sind im Museum repräsentiert.
Von einer Art offenem Raum aus kann ich mich entscheiden, welchem Gang hin zu welchem Kontinent ich zuerst folge.
Ich beginne mit Afrika. Masken und Tierfiguren – ja, da werden meine Erwartungen nicht enttäuscht. Die Vielfalt allerdings ist überwältigend. Geschnitzt, aus Stoff, Federn, Metallperlen, mal einfarbig und in Gesichtsgröße, mal bunt und überlebensgroß. Und alles dazwischen. Dazu gibt es Schmuck, Alltagsgegenstände, Waffen, Möbel, Kleidung, Haushaltswaren und sogar eine Sammlung von Comics mit nicht-weißen Helden.
Warum aber finde ich vieles so beängstigend, geradezu gruselig? Eigentlich würde ich mich als weltoffenen Menschen bezeichnen. Andererseits: hätte nicht jemand, der bisher keine oder wenig Berührungspunkte mit westlicher Kultur hatte, das gleiche Gefühl, wenn er oder sie den Louvre besucht und die vielen Darstellungen von Jesus am Kreuz sieht? Oder den Invalidendom, mit dem Grab Napoleons und den vielen Sarkophagen? Ist da wirklich ein so großer Unterschied zwischen einem Totempfahl, der die Geschichte der Ahnen verbildlicht und einem Reiterstandbild in den Straßen von Paris, mit dem ein militärischer Held geehrt wird?
Das eine ist uns eben vertraut, das andere nicht. Wie gut also, dass es dieses Museum gibt, damit wir uns vertrauter machen können, was dank der Schilder und des Audioguides auch gut gelingt. So verstehe ich, welchen Sinn die Masken haben: Sie sollen die Welt der Lebenden und der Geister verbinden, u.a. indem sie Schrecken oder Gelächter hervorrufen.
Eins meiner Highlights: die bunten Kostüme aus der afroamerikanischen Tradition des Mardi Gras in New Orleans. Vielleicht deshalb, weil ich im Süden Deutschlands lebe, wo die „Fasnet“ ausgiebig gefeiert wird und die Kostüme schon mal ähnlich bunt und detailreich ausfallen können 😉
Was ich vermisst habe: eine klare Stellungnahme zur Kolonialisierung. Es gab nur einen etwas lapidaren Kommentar im Audioguide (Woher kommen die Werke? Viele wurden von „Erkundungs-Missionen“ in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mitgebracht. Man arbeitet heute mit den Herkunftsländern zusammen, um sie im richtigen Kontext zeigen zu können). Ein Schild in der ganzen Ausstellung geht dann kurz auf die Kolonialzeit und das damit verbundene Leid der kolonialisierten Völker ein. Da wäre mehr drin gewesen – wir kennen es zumindest anders aus dem Wereldmuseum (ehm. Tropenmuseum) aus Amsterdam.
Das Schlusswort überlasse ich Jacques Kerchache, einem der beiden Initiatoren des Museums. Im Juni 2000 gibt er der Revue Dada ein Interview, in dem er sagt: „Man kann die Tatsache nicht ignorieren, dass eine bessere Kenntnis der Kulturen der Welt es uns auch ermöglicht, die Menschen, die sie repräsentieren, besser zu verstehen“.
Musée Quai Branly
Zur Geschichte
Das Museum Quai Branly wurde 2006 eröffnet, ein sehr junges Museum, das aber schon über eine Millionen Besucher pro Jahr zählen kann. Es ist zudem ein Forschungszentrum. Auch das Gebäude ist einen Blick wert, es wurde von dem Architekten Jean Nouvel konzipiert und hat ein sehr interessantes Äußeres – Le mur végétal!
Warum heißt es aber mit Beinamen Jacques Chirac? Seit seiner Wahl zum Präsidenten hat sich Jacques Chirac mit den nicht westlichen Künsten auseinandergesetzt. Im Jahr 1992 traf er den Sammler Jacques Kerchache. Die beiden schmieden den Plan, den Minderheitenkulturen „einen angemessenen Platz in den musealen Einrichtungen Frankreichs“ zurückzugeben.
Im Mai 1995 stellten sie die Idee in einer Broschüre vor, in der sich Chirac prominente Fürsprecher herbeizitiert: „Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts haben zahlreiche Traumfänger, von André Derain bis André Breton, von Claude Lévi-Strauss über Picasso bis André Malraux eine echte Anerkennung der vergessenen Zivilisationen Afrikas, Asiens, der Antarktis, Ozeaniens und Amerikas gefordert…“.
Gut eineinhalb Jahre später verkündete er, die Sammlung für das neue Museum (in Räumlichkeiten des Louvre) solle aus den Beständen des Musée de l’Homme und des Musée des Arts d’Afrique, d’Amérique et d’Océanie (MAAO) zusammengestellt werden. Dies bringt die Wissenschaft in Aufruhr, man kritisiert den Ankauf weiterer Objekte zu horrenden Preisen und die Verfälschung, die dadurch entstehe, dass die Werke getrennt von ihrer kulturellen Realität präsentiert würden. Überhaupt sei die Unterscheidung zwischen „primitiven“ und „vollendeten“ Künsten neokolonial und endgültig abzuschaffen.
Der Präsident lässt sich davon nicht beeindrucken und schreibt 1999 einen Architekturwettbewerb für den Bau auf einem Grundstück am Fuß des Eiffelturms aus. Dies dauert natürlich seine Zeit, sodass zunächst das Projekt im Louvre unter dem Namen „Pavillon des Sessions“ verwirklicht wird. Der Fund einer Piroge (eines Einbaums) auf der Baustelle im Juni 2002 verzögert die Arbeiten erneut, da diese erst geborgen werden muss.
Am 23. Juni 2006 kann Jacques Chirac „sein“ Museum schließlich eröffnen. In diesem zusammenhang hielt er eine bewegende Rede, bei der man merkte, dass ihm die außereuropäischen Völker am Herzen liegen. Es gäbe eine faszinierende Vielfalt an menschlicher Kreativität, andere Arten zu denken und zu handeln, Schönheiten und Wahrheiten, die man nur einmal sehen und zulassen solle.
Als endgültige Anerkennung Jacques Chiracs und seines Handelns wurde durch Regierungserlass am 21. Juni 2016 sein Name zu dem des Museums hinzugefügt, um so die Bedeutung des Engagements des ehemaligen Präsidenten der Republik zu würdigen.
Offizielle Webseite des Musée Quai Branly (FR, EN): www.quaibranly.fr
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2019 – 2024
Mit Unterstützung von Anne Okolowitz.