Amsterdam
Die Grachten
Amsterdam
Die Grachten
Venedig des Nordens
Amsterdam und seine Grachten
Schaut man sich das Stadtzentrum von Amsterdam aus der Vogelperspektive an, fühlt man sich an ein Wagenrad erinnert. 80 km Wasserstraßen durchziehen die Stadt und gaben Amsterdam den Beinamen „Venedig des Nordens“. (Mehr über das richtige Venedig könnt ihr jetzt auch bei uns finden).
Die vier Hauptgrachten heißen Singel-, Heren-, Keizers- und Prinsengracht und diese umschließen die Innenstadt in vier weiten Bögen. Diese sind durch kleinere Kanäle verbunden, welche sternförmig auf das Stadtzentrum zulaufen.
Unzählige Brücken überspannten die Kanäle, deren Ufer die berühmten Grachtenhäuser säumen. 2010 wurde der Grachtengürtel zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt.
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Grachten
Die Amsterdamer Grachten
Zur Geschichte
Ab 1612 begann der rund 50 Jahre dauernde Ausbau der Kanäle. Die bis zu diesem Zeitpunkt größtenteils als Verteidigungsanlagen genutzten Wasserwege dienten nun zum Transport von Waren aber auch, um das Sumpfland urbar zu machen und somit neuen Wohnraum zu schaffen. Die Arbeiten begannen im Westen der Stadt und ab 1658 wurden in einer zweiten Etappe die Kanäle erweitert, bis sie an die Amstel angeschlossen waren. Die vier Hauptgrachten haben eine Breite von bis zu 27 Metern und eine Tiefe von bis zu 2,40 Metern. So konnten auch größere Schiffe mühelos zu den Lagerhäusern gelangen, die entlang der Wasserstraßen gebaut wurden. Amsterdam, dessen Reichtum auf Handel beruhte, hatte durch die Grachten eine logistische Meisterleistung geschafft. Lange Transportwege sparte man sich so und dass Zeit Geld ist, war auch damals schon bekannt.
Ständig im Wandel wurden im 19. Jahrhundert 70 Kanäle trockengelegt, um zum einen Platz für den Straßenverkehr zu machen, aber auch, weil die hygienischen Zustände bedenklich wurden. So manche Gracht war im Zuge des Bevölkerungszuwachses zur Kloake geworden. Der Anschluss an eine Kanalisation und die Inbetriebnahme eines ausgeklügelten Schleusensystems sorgten schließlich nicht nur dafür, dass der Wasserstand reguliert werden konnte, sondern es spielte auch eine Schlüsselrolle dabei, die Grachten sauber zu halten. Auch heute werden noch jeden Abend rund 600.000 Kubik Liter Wasser aus dem Ijsmeer durch in die Kanäle gespült. Damit die Grachten erhalten bleiben, müssen deren Uferbefestigungen regelmäßig neu befestigt und instand gehalten werden, denn ansonsten würden sie im Wasser versinken.
Egal ob als Ort einer Kulturveranstaltung, um Wassersport zu treiben, als Arbeitsplatz oder für den sonntäglichen Familienausflug, die Grachten sind nicht wegzudenken aus dem Alltag der Amsterdamer. Denn das Leben findet um, entlang, auf und in den Grachten statt. Und ertönt das Lied „Ann de Amsterdamse grachten“, stimmt jeder Amsterdamer mit ein.
Kurioses
- Pro Tag landen bis zu 3,5 Tonnen Müll in den Kanälen.
- Wo früher Pferde mit speziellen Hebevorrichtungen aus dem Wasser gerettet wurden, enden heutzutage jährlich ca. 12.000 Drahtesel auf dem Grund der Kanäle.
- Pro Jahr ertrinken durchschnittlich 15 Menschen in den Grachten. Meist Männer, die sich nach einer durchzechten Nacht nur kurz erleichtern wollten. Also Vorsicht!
Der Singel ist die innerste Gracht und war ursprünglich der mittelalterliche Festungsgraben der Stadt. Er umschließt die heutige Innenstadt und verbindet die Ij mit der Amstel. Auf Höhe des Torensteegs kannst du über die Torensluis-Brücke, Amsterdams älteste noch erhaltene Brücke, flanieren und dabei dem Multatuli Standbild zunicken. Auf der anderen Seite wartet dann das schmalste Haus der Welt (Hausnummer 166) auf dich. Kannst du es finden?
Kurz bevor der Singel in die Amstel mündet, weist dir die Spitze des Munttoren (Münzturm), der früher ein Teil der alten Stadtmauer Amsterdams war, den Weg zum berühmten Blumenmarkt. Wer es etwas makabrer möchte, der kann auf der gegenüberliegenden Seite dem Torture Museum einen Besuch abstatten.
Die Amsterdamer Grachten
Der Singel
In 1612 wurde mit dem Ausbau des zweiten Ringgrabens begonnen. Wie der Name schon erahnen lässt, ließen sich schon bald Ratsherren und die reichsten Kaufleute Amsterdams rechts und links des Kanals nieder und machten die Herengacht zu dem prestigeträchtigsten Kanal Amsterdams. Der beeindruckendste Teil ist wohl der 1658 angelegte „Golden Bocht“ (deutsch: „Goldener Bogen“). Hier säumen barocke Stadtpaläste das Ufer der Herengracht und wenn auch das eine oder andere Haus inzwischen keine reichen Kaufleute mehr, sondern Büros und Banken beherbergt, der oder die Bürgermeister/in der Stadt residiert hier noch immer.
Wer mehr über die Amsterdamer Grachten erfahren möchte, findet im Grachtenmuseum „Het Grachtenhuis“ (Hausnummer 386) in der Nähe der Leidesgracht Antworten. Wer lieber etwas über traditionelle, alkoholische Getränke Amsterdams lernen möchte, hat bei A. van Weens die Möglichkeit, die Welt der niederländischen Liköre und Genevers zu entdecken.
Die Amsterdamer Grachten
Die Herengracht
Die Keizersgracht, benannt nach Kaiser Maximilian I., liegt zwischen der Heren- und Prinsengracht und ist der breiteste Kanal der Stadt. Das bekannteste Gebäude an der Keizersgracht ist die Westernkerk, deren Ostseite man vom Kanal aus sehen kann. Dort wurde 1987 auch das erste Mahnmal gegen die Verfolgung Homosexueller errichtet. Drei gleichseitige Dreiecke aus poliertem rosa Granit verbunden durch Pflastersteine bilden ein großes Dreieck mit einer Seitenlänge von 36 m. Das Homomonument ist Gedenkstätte und Versammlungsort gleichermaßen. Während man sich am 4. Mai der Gräueltaten erinnert, wird dort während des Königstags oder des Prides die Diversität gefeiert.
An der Keizersgracht stehen gleich zwei Museen, die sich der Fotografie widmen. Das Huis Marseille (Hausnummer 401), welches du in der Nähe der Leidesgracht findest und das FOAM auf Höhe der Vijzelstraat. Ein Besuch lohnt sich auch bei gutem Wetter auf jeden Fall.
Die Amsterdamer Grachten
Die Keizersgracht
Die Prinsengracht wurde nach dem Prinz von Oranien benannt. Sie ist als äußerste der Hauptgrachten die größte und viele sagen auch die schönste der Kanäle Amsterdams. Sie beginnt im Westen der Stadt an der Enhoornsluis, rechts vom Bahnhof Amsterdam Centraal gelegen und mündet schließlich in die Amstel. Folgst du dem Verlauf der Gracht, kommst du direkt an das Anne Frank Haus, das im Schatten der blau gekrönten Westernkerk steht.
Ich empfehle dir einen Spaziergang durch die „De 9 straatjes“. Dieser kleine, malerische Stadtteil umfasst gerade einmal neun Straßen. Er wird von der Hartenstraat im Westen und Huidenstraat im Osten bzw. dem Singel und der Prinsengracht begrenzt. Hier kannst du eine große Anzahl von Restaurants, Cafés und Bars und viele kleine Geschäfte entdecken und das Viertel bietet schöne Fotomotive.
Danach kannst du auf Höhe der Spiegelgracht einen Blick auf das Rijksmuseum erhaschen.
Die Amsterdamer Grachten
Die Prinsengracht
Der 1658 fertiggestellte Kanal wurde nach einem Mönchorden benannt, der dort ein Kloster unterhielt. Du findest die Reguliergracht in der Nachbarschaft zur Utrechterstraat, wo sie auf den Rembrandtsplatz zuläuft. Mit ihren in gerader Linie hintereinander stehenden sieben Brücken und den wunderschönen Grachtenhäusern, deren reich verzierten Fassaden und Giebeln, liefert die Reguliersgracht dir das Postkartenidyll, für das Amsterdam bekannt ist.
Das überzeugte auch die Filmemacher von „James Bond- Diamonds are forever“, deren Charakter Tiffany Case in Nummer 36 zu Hause war. An der Ecke Regulier-/Prinsengracht grüßt dich eine Storchenstatue über der Tür des Hauses. Ein Hinweis darauf, dass dort früher einmal eine Hebamme gewohnt hat. Aus Ermangelung an Hausnummern hatte man früher zur Orientierung kleine Bilder an den Häusern anbringen lassen. Halte die Augen offen, wenn du durch die Stadt läufst.
Die Amsterdamer Grachten
Die Reguliersgracht
Fazit
Nimm dir Zeit, den Grachtengürtel zu entdecken. Mehr Amsterdam geht nicht.
Spaziere an den Ufern der Kanäle entlang und lass dich treiben. Bewundere die Fassaden der Grachtenhäuser, die sich vor dir zu verneigen scheinen. Staune über die Prachtbauten, die vom goldenen Zeitalter zeugen. Entdecke die vielen kleinen Läden in denen du das eine oder andere Andenken mit Sicherheit finden wirst. Und vergesse nicht in einem der unzähligen Cafés und Restaurants eine Pause einzulegen, um das Leben an dir vorbeiziehen zu lassen.
Sollten die Füße schwer werden, wird es Zeit für eine der beliebten Grachtenrundfahrten. Wo früher Lastkähne geschäftig durch das Wasser pflügten, kannst du heute die Stadt aus dieser ganz besonderen Perspektive erleben. Während der Audioguide dir interessante Informationen über die Grachten und deren Geschichte vermittelt, kannst du den Ausblick genießen und entspannen. Ein absolutes Muss für jeden Amsterdam-Besuch!
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2021 – 2024
Mit Unterstützung von Boris Hermann