Yves Saint Laurent Museum Paris
Yves Saint Laurent Museum Paris
Mode & Kunst im
Yves Saint Laurent Museum Paris
Er kreierte den Tuxedo für Frauen, als lange Hosen noch „unweiblich“ waren, zählte Andy Warhol zu seinen Freunden und fertigte Jacken mit van Goghs Sonnenblumen.
In dem mondänen Stadthaus, wo sich von 1974 bis 2002 sein Atelier befand, geben wechselnde Ausstellungen Einblicke in das Leben und Wirken des genialen Couturiers Yves Saint Laurent.
Meine Bewertung:
Positiv:
Yves Saint Laurent hat die Emanzipation modisch vorangetrieben und ein beeindruckendes Erbe hinterlassen. Es war großartig zu sehen, wo und wie er gearbeitet hat. Sein Studio mit all den Arbeitsmaterialien sah aus, als wäre er nur mal eben Kaffee holen gegangen.
Negativ:
Die Ausstellungsfläche ist schon recht klein. Wer einen Haufen tolle Couture-Kleider sehen möchte, geht besser in eins der Yves Saint Laurent-Geschäfte.
Tipp:
Scanne zu Beginn den QR-Code an der Wand – so bekommst du ausführliche Informationen zur jeweiligen Ausstellung.
Zuletzt aktualisiert: 20.06.2024 | Céline & Anne
Yves Saint Laurent Museum
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Alles Wichtige
auf einen Blick
Was gibt es
zu sehen?
Das ikonische YSL-Logo kennt wahrscheinlich jeder. Die drei senkrecht ineinander verschlungenen Buchstaben zieren Taschen, Kleidung und dienen sogar als Absatz für High Heels.
Wer aber war der geniale Kopf, der das bekannte Modehaus gründete? Wo und wie arbeitete er?
Bei seinem Tod im Jahr 2008 hinterließ Yves Saint Laurent der von ihm gegründeten Stiftung mehr als 7000 Kleidungsstücke und 8000 Accessoires, dazu unzählige Skizzen, Kollektionsbücher, Arbeitsmaterialien, Fotografien, Gemälde und persönliche Gegenstände.
Yves Saint Laurent
Das Museum
Das Museum zeigt ausgewählte Stücke aus dem unfassbar großen Erbe, das auch ein interessantes Stück Zeitgeschichte widerspiegelt. Dabei sind 450 Quadratmeter in der ehemaligen Wirkungsstätte des Designers sind hauptsächlich wechselnden Ausstellungen gewidmet.
Atmosphärisch ist das Haus zweigeteilt. Die wertvollen Kleidungsstücke und Accessoires müssen natürlich geschützt werden. Die Hälfte der Räume ist daher entsprechend dunkel, kühl und teilweise mit Vitrinen ausgestattet. So entsteht eine mystische Aura, was Elemente wie Spiegelböden oder an der Decke hängende Kleider noch verstärken.
Kurze Clips mit Modenschauen zeigen die ausgestellten Kreationen in Bewegung. Auch die Entstehung der aktuellen Ausstellung ist filmisch dokumentiert, außerdem kommen Mitarbeiter, Models und Musen des Meisters zu Wort.
Dort, wo keine Haute Couture gezeigt wird, sind die Räume so weit wie möglich im Original erhalten bzw. reproduziert: Teppich und Vorhänge in Grüntönen, weißer Stuck, Dekor in Schwarz und Gold. Hier hängen Skizzen, Zeichnungen, Fotografien und Illustrationen. Man kann sich gut vorstellen, dass Saint Laurent in den beiden Räumen gleich links vom Eingang Gäste empfing und Hof hielt.
Am spannendsten fanden wir das langgestreckte Studio mit den vielen Arbeitsmaterialien, das sich im ersten Stock befindet. Unzählige Stoffe, Bänder, Knöpfe, Moodboards, Bücher und persönliche Gegenstände nehmen den Besucher mit in die Zeit, in der hier große Mode kreiert wurde. In diesem Raum begutachtete der Meister auch, wie seine Entwürfe am Model wirkten. Kurz vor den Modenschauen arbeitete er hier mit einem kleinen Team von sechs oder sieben Leuten unter Hochdruck an der Fertigstellung der Kollektion.
Die derzeitge Ausstellung
Von Goya beeinflusst – Transparenzen
Als wir vor Ort waren, wurde die Ausstellung „Transparences“ gezeigt (bis 25.August 2024).
Transparente Elemente aus Chiffon, Tüll oder Spitze waren ein wichtiges Kennzeichen der Arbeit von Yves Saint Laurent. Er integrierte sie erstmals 1966 in eine Kollektion, zeigte eine nackte Hüfte, einen freiliegenden Rücken oder eine entblößte Brust. Damals noch ein Skandal, denn die sexuelle Revolution nahm ja gerade erst ihren Anfang. Die Inspiration für den Einsatz von Spitze bezog er aus Gemälden von Francisco de Goya.
Gleichzeitig verhüllte er aber auch, indem er maskuline Kleidungsstücke wie Trenchcoat oder Anzug in femininer Form und mit feinen Stoffen entwarf. Was man heute „Power Suite“ nennen würde, wurde dann eben mit einer (halb) durchsichtigen Bluse darunter getragen. Fließend im besten Sinne waren seine Kleider, sei es in Bezug auf Materialien oder auf Geschlechterrollen.
Auch Modefotos von Man Ray aus den 30er Jahren mögen ihn inspiriert haben, denn sie sind ebenfalls in der Ausstellung zu sehen: ein Spitzenrock, der wie ein Röntgenbild wirkt, eine Hand auf einem Stück Gaze.
Den Höhepunkt stellen, ganz wie bei einer Modenschau auch, drei Brautkleider dar – in Weiß, Rot und Schwarz. Bei Schleier und Ohrringen dominiert schwarze Spitze. Yves Saint Laurent präsentierte sie bei einer Show in den 80er-Jahren an farbigen Models, damals noch eine Seltenheit. Er gab die Anweisung, das Model im schwarzen Kleid mit Krone solle nach dem Defilee auf den Laufsteg zurückkehren „mit einem Bouquet dunkler Rosen, gefolgt von zwei Kindern, inspiriert von Goya“. Gruselig? Vielleicht. Vor allem aber war es, in bester Saint Laurent-Manier, eine kraftvolle Präsentation emanzipierter Weiblichkeit, wie im Video der Show eindrucksvoll zu sehen ist.
Wer war
Yves Saint Laurent?
Kindheit und Jugend
Am 1. August 1936 wurde Yves Mathieu-Saint-Laurent in Oran (Algerien) in eine gut situierte Familie hinein geboren. Schon früh interessierte der scheue und sensible Junge sich für die Modemagazine seiner Mutter, die Literatur und das Theater. Mit 13 Jahren sah er „Schule der Frauen“ von Molière. Das Set-Design inspirierte ihn so sehr, dass er ein eigenes Mini-Theater aus Holz und Karton kreierte – komplett mit Szenenbild und kostümierten Figuren.
1953 „gründete“ er – zunächst noch in Gedanken – sein eigenes Haute Couture Haus, das „Yves Mathieu Saint Laurent Haute Couture Place Vendôme”. Dafür zerschnitt er nicht nur die Zeitschriften seiner Mutter, sondern heimlich auch einige ihrer Kleidungsstücke…und machte daraus Kostüme für sein Theater. Sie nahm es ihm wohl nicht übel, denn als er im selben Jahr – wohlgemerkt mit erst 17 Jahren – an einem Designwettbewerb in Paris teilnahm und den dritten Preis gewann, begleitete sie ihn, um diesen abzuholen. Durch Kontakte seines Vaters lernte er Michel de Brunhoff, den Chefredakteur der Vogue kennen.
Anfänge bei Dior und die Selbständigkeit
Nach seinem Schulabschluss 1954 zog er nach Paris, um Mode zu studieren. Ein Jahr später stellte de Brunhoff ihn Christian Dior vor, der ihn umgehend zu seinem Assistenten ernannte. In nur drei Jahren stieg Yves Saint Laurent an die Spitze des damals größten Haute Couture Hauses der Welt auf.
Als Dior im Oktober 1957 starb, wurde Saint Laurent mit nur 21 Jahren zum jüngsten Chefdesigner aller Zeiten. Er flog in seine Heimatstadt, wo er in nur zwei Wochen über 600 Entwürfe für die Frühjahr-Sommer-Kollektion zeichnete. Die Show am 30. Januar 1958 endete mit Standing Ovations. Anwesend war auch Pierre Bergé, den der Designer wenige Tage später im Rahmen eines Dinners zum ersten Mal traf. Es war der Beginn einer großen Liebe und lebenslangen privaten wie beruflichen Verbundenheit.
1959 designte Saint Laurent zum ersten Mal Kostüme für ein Bühnenstück, das Ballett Cyrano de Bergerac. So setzte er fort, was er als 13-Jähriger begonnen hatte. Diese Arbeit wurde zu einem zweiten Standbein neben der Haute Couture.
Die sechste und letzte Kollektion für Dior war von provokativen Silhouetten und dunklen Farben geprägt. Das kam nicht überall gut an. Im Zuge des Algerienkonflikts wurde Yves Saint Laurent 1960 eingezogen und musste sich bald darauf wegen Depressionen in Behandlung begeben, was Dior zur Kündigung veranlasste. Als Pierre Bergé die Nachricht überbrachte, beschlossen die beiden, ein eigenes Haute Couture Haus zu gründen. Bergé verkaufte sein Apartment in Paris, fand einen Investor und am 4. Dezember 1961 eröffneten sie das Atelier in der Rue Spontini. Damals entstand auch das ikonische YSL-Logo, das heute noch nahezu unverändert Mode und Accessoires des Hauses ziert.
Kleidung für die moderne Frau und jedermann
Im Januar 1962 präsentierte Saint Laurent seine erste eigene Kollektion. Cabanjacken und Trenchcoats, Kleidung für Fischer und Soldaten also, die er feminin interpretierte. Seine ganze Karriere führte er weiter, was hier begann. 1966 brachte er den Tuxedo für Frauen heraus, zu einer Zeit, als in Paris Frauen in Hosen teilweise noch der Eintritt ins Restaurant verwehrt wurde… Er selbst sagt dazu „Ich denke, ich habe mein Bestes für die Emanzipation der Frauen gegeben. Ich habe Kleidung kreiert, die perfekt zum 21. Jahrhundert passt.“ Ebenfalls 1966 führte er sein Label Saint Laurent Rive Gauche ein, um seine Mode mit Prêt-à-Porter-Kollektionen für mehr Menschen erschwinglich zu machen.
Yves Saint Laurent und die Kunst
Die Herbst-Winter-Kollektion 1965 läutete einen „Dialog mit der Kunst“ ein. Bergé und Saint Laurent waren begeisterte Sammler und nun fand diese Leidenschaft mit von Piet Mondrian inspirierten Designs auch ihren Weg in die Mode. 1966 adaptierte der Couturier die Pop Art-Bewegung aus den USA in einer sehr farbenfrohen Kollektion.
Zwei Jahre später traf er Andy Warhol, der ein Freund wurde und ihn 1972 porträtierte. Parallel lernten Bergé und Saint Laurent Marokko kennen und lieben. 1966 reisten sie zum ersten Mal dorthin. Auch hier waren es die lebendigen Farben, die Saint Laurent so faszinierten und ihn sicher an seine Kindheit im Nachbarland Algerien erinnerten.
1974 erworben die beiden das Anwesen Dar es Saada, 1980 folgte der Jardin Majorelle, früherer Arbeitsort des französischen Malers Jacques Majorelle und heute eine bekannte Sehenswürdigkeit. Hier designte Yves Saint Laurent viele seiner Kollektionen.
Im Pariser Wohnhaus, das Bergé und Saint Laurent 1970 kauften, hingen Werke von Warhol neben Gemälden von Goya, Géricault prangte neben Matisse. Im Jahr 1979 schuf der Designer eine Kollektion in Anlehnung an Picassos Set-Design für das Ballett „Parade“.
1981 beeinflussten Werke von Matisse seine Kleider für die Herbst-Winter-Kollektion.
1988 zierten Motive der Iris- und Sonnenblumen-Gemälde van Goghs Hüte und Jacken der Frühjahr-Sommer-Kollektion.
Da war es nur folgerichtig, dass seine letzte Show in einem Museum stattfand. Am 22. Januar 2002, zwei Wochen nachdem Yves Saint Laurent seine Karriere beendet hatte, zeigte das Centre Pompidou einen Catwalk der Retrospektive mit Kleidern aus den 40 Jahren seines Wirkens.
Nach Saint Laurents Tod 2008 verkaufte Pierre Bergé die meisten Werke aus der Kunstsammlung – 733 an der Zahl – die drei Tage lang im Grand Palais Paris ausgestellt wurden. Francisco de Goyas Porträt von Luis María de Cistué y Martínez spendete er dem Louvre.
Yves Saint Laurent
Zur Geschichte
Im Jahr 1974 verlegten Yves Saint Laurent und Pierre Bergé den Firmensitz aus der Rue Spontini in die Avenue Marceau, wo sich heute das Museum befindet.
1999 übernahm Gucci die Marke Yves Saint Laurent, der Designer blieb jedoch weiterhin für die Haute Couture Linie verantwortlich. Nachdem er sich 2002 zur Ruhe gesetzt hatte, gründete er mit Bergé die „Fondation Pierre Bergé – Yves Saint Laurent“, um seinen Nachlass zu regeln. Das Haus, in dem er fast 30 Jahre gearbeitet hatte, wurde als Sitz der Stiftung gründlich renoviert und öffnete im März 2004 erstmals seine Pforten für eine Ausstellung. Bis 2016 folgten 20 weitere.
Yves Saint Laurent, der am 1. Juni 2008 starb, erlebte also die Anfänge des Museums noch mit, auch wenn es als „Musée Yves Saint Laurent“ in seiner heutigen Form erst seit dem 3. Oktober 2017 besteht. Im Juni 2017 kündigte Pierre Bergé noch die Eröffnung an, verstarb jedoch am 8. September, sodass er sie nicht mehr miterleben konnte.
Parallel zu Paris entstand ein weiteres Musée Yves Saint Laurent in Marrakesch. Es eröffnete am 17. Oktober und befindet sich ganz in der Nähe des von beiden so geliebten „Paradieses“ Jardin Majorelle.
Offizielle Webseite des Museé Yves Saint Laurent (FR/EN): museeyslparis.com/en/
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2024
Mit Unterstützung von Anne Okolowitz.