Die Wiener
Kaffeehauskultur
Die Wiener
Kaffeehauskultur
Wo man in Wien
Kaffee trinken muss
Fragt man einen Römer nach dem Ursprung des Kaffees, so wird dieser überzeugt “Neapel bzw. Italien” behaupten. Fragt man dasselbe einen Wiener, so wird dieser mit “Wien, Österreich” antworten. So hätte nämlich das türkische Volk bereits im 17. Jahrhundert Kaffeebohnen nach Österreich gebracht, wo diese dann erstmals als Getränk konsumiert wurden.
Das Kaffeetrinken und die Kultur unterscheiden sich in beiden Ländern allerdings stark. In Neapel spricht man wohl eher von der Kaffeekultur, in Wien von der Kaffeehauskultur. Das heißt, in Italien geht es um den Kaffee. Dieser wird bei perfekter Temperatur serviert, sodass er sofort im Stehen an der Theke getrunken werden kann. Es geht um das Wie, also wie man Kaffee trinkt, und nicht um das Wo. (Mehr über das Kaffeetrinken in Rom findest du hier).
In Österreich geht es um das Wo, um das Ambiente, das Gemütliche und Stilvolle. Welche Wiener Kaffeehäuser einen Besuch wert sind, warum sie das sind, erfährst du in diesem Artikel.
Was man unbedingt
wissen sollte!
- Die Kellner in Wiener Kaffeehäusern wirken nicht nur unhöflich, sie sind es auch. Sie nennen es “Wiener Charme” und Teil der Wiener Kultur. Das darf man nicht persönlich nehmen oder als Angriff verstehe.
- Das Wort "Kaffee" wird in Österreich auf die letzte Silbe (das E) betont, nicht wie im Deutschen auf das A. (Es passiert durchaus, dass Kellner bei einer deutschen Aussprache so tun, als ob sie es nicht verstehen würden.)
- Ein Verlängerter ist ein Espresso, der mit heißem Wasser verlängert wird. Meist wird das heiße Wasser in einem extra Kännchen zum Espresso serviert. Er schmeckt sehr ähnlich wie ein Filterkaffee und kann mit einem “Americano” gleichgestellt werden.
- Wenn du eine Melange (starke Dehnung der 2. Silbe) bestellst, dann bekommst du in Wien einen leicht verlängerten Espresso mit Milch und einer Milchschaum-Krone. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Cappuccino, der Unterschied liegt aber im Detail der Zubereitung. Denn bei einem Cappuccino wird der Milchschaum (im Gegensatz zur Melange) vorsichtig, bei gekippter Tasse, im Verhältnis 2:1 in einen Espresso gegossen. Kurz: Melange und Cappuccino sind nicht das gleiche, auch wenn es von vielen als Synonym verwendet wird.
- Bestellst du in Wien einen “kleinen Schwarzen”, so bekommst du einen Espresso. Mit den Worten “kleiner Brauner” ist ein Espresso mit Milch gemeint.
- In Wiener Kaffeehäusern kann man nicht nur gut Kaffee trinken, sondern auch hervorragende Wiener Kost (von Wiener Schnitzel über Gulasch bis zum Kaiserschmarrn…) zu Mittag essen.
Unsere 5
Lieblings-Kaffeehäuser
Mit Sicherheit ist das Café Landtmann eines der bekanntesten, beliebtesten, aber auch teuersten Kaffeehäusern in Wien. Aber man muss sich einen Espresso um 3,80 € und eine Melange um 5,90 € ja nicht jeden Tag gönnen… Neben vielen Touristen, treffen sich hier auch sehr gerne die Wiener, vor allem für Business-Termine, da nicht nur das Ambiente sehr ruhig ist, sondern auch die Lage sehr zentral.
Das Kaffeehaus liegt zwischen dem Parlament und der Universität, gegenüber dem Wiener Rathaus. Seit 1873 gibt es das Landtmann und ist aus Wien sicher nicht mehr wegzudenken.
Adresse:
Universitätsring 4
1010 Wien
Tipp 1
Landtmann
Den richtigen Alt-Wiener-Flair spürt man im Café Central, in der Nähe der Spanischen Hofreitschule. Die Kellner stolzieren durch die Säle und würdigen den Kunden kaum eines Blickes. Dafür schmecken der “kleine Schwarze” und der Apfelstrudel ausgezeichnet und es ist ein einziger Genuss, die prachtvolle Einrichtung zu bewundern.
Bereits 1867 wurde das Central eröffnet, in dem sich sehr gerne Künstler und Gelehrte getroffen haben. Heute muss man rechtzeitig einen Tisch reservieren, wenn man einen Espresso (3,60 €) oder eine Melange (5,30 €) genießen möchte.
Adresse:
Ecke Herrengasse, Strauchgasse
1010 Wien
Tipp 2
Café Central
Eigentlich ist das Aïda kein klassisches Wiener Kaffeehaus, sondern vielmehr eine Konditorei. Das lässt sich wahrscheinlich auch schon an den Preisen erkennen. Ein Espresso kostet (nur) 2,70 € und eine Melange 4,10 €. Dennoch gehört es zum Wiener Stadtbild dazu und eine Kaffeepause mit Törtchen ist ein Must-Do. Die Läden sehen aus, als wäre dort die Zeit stehen geblieben. Die Kleidung des Personals ist mit der Einrichtung farblich genau abgestimmt: alles in “Zuckerlrosa” (Zuckerl ist übrigens österreichisch für Bonbon).
Bereits 1939 gab es 11 Aïda-Filialen in Wien, 2018 waren es 29 und 2021 kann Adïas seinen 108. Geburtstag feiern. Den ersten Kaffee konnte man dort allerdings erst 1946 trinken, davor wurde das nur den Stammgästen im Hinterzimmer gewährt.
Adresse:
zum Beispiel neben dem Stephansdom:
Singerstraße 1
1010 Wien
Tipp 3
Café Konditorei Aïda
Das Café Korb war und ist anders. Es war eines der ersten Kaffeehäuser, in dem auch Frauen sitzen durften und ist eines der einzigen Kaffeehäuser, das gleichzeitig antik und modern ist. Auch wenn es von außen nicht so aussehen mag, ist die das Café Korb knapp 120 Jahre alt.
Es ist bei Jung und Alt beliebt. Und das nicht nur, weil es hier gute Süßspeisen und guten Kaffee gibt, sondern weil hier auch immer wieder Kunstveranstaltungen stattfinden. Für einen Espresso bezahlt man übrigens 3,30 € und für eine Melange 4,10 €.
Adresse:
Brandstätte 7/9
1010 Wien
Tipp 4
Café Korb
Im Café Sperl treffen sich seit 1880 die Wiener, um ungestört das zu tun, was sie auch im eigenen Wohnzimmer tun könnten, wo sie aber keine Gesellschaft hätten. Wer hier ein bisschen länger sitzen bleibt, wird merken, dass sich die Kundschaft kaum ändert und die Menschen hier nicht nur Kaffeetrinken. Es ist nämlich üblich, dass sich hier Gäste zum Schachspielen treffen. Selbst Billardspielen ist erlaubt.
Das war schon vor hundert Jahren in Wiener Kaffeehäusern sehr beliebt. Einen Espresso bekommt man hier um 2,90 € und eine Melange um 4,10 €. Wer aber mal etwas anderes als die klassischen Süßspeisen probieren möchte, dem empfehle ich ein Käsebrot und ein Seidel Bier.
Adresse:
Gumpendorfer Str. 11
1060 Wien
Tipp 5
Café Sperl
Das Café Prückel an der Ringstraße punktet seit 1903 mit der strategisch guten Lage (super zentral und gleich am Stadtpark) und dem Ambiente (hell und gemütlich). Das traditionelle Wiener Kaffeehaus eignet für ein schnelles Business-Frühstück genauso gut wie zum Verweilen bei einem Mittagessen oder Nachmittagskuchen.
Adresse:
Stubenring 24
1010 Wien
Tipp 6
Café Prückel
Fazit
Übrigens: Was wir heute aus globalen Coffee-Shops wie Starbucks kennen, war in Wiener Kaffeehäusern eigentlich seit jeher gang und gäbe: Man fühlt sich an seinem Platz wie im eigenen Wohnzimmer und liest, arbeitet oder spielt und das, obwohl der Kaffee schon längst ausgetrunken ist. 1685 wurde das erste Wiener Kaffeehaus eröffnet. Seit 2011 ist die “Wiener Kaffeehauskultur” Teil des immateriellen UNESCO Kulturerbes.
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2021 – 2024
Mit Unterstützung von Susanne Vukan, die sich fleißig in alle Cafès begeben hat 😉