GNAM
GNAM
La Galleria Nazionale
d'Arte Moderna e Contemporanea
Das GNAM ist ein ungesehener Schatz in Rom. Dabei beherbergt die Galerie 20.000 Werke, darunter Gemälde, Skulpturen und Installationen, die sich wirklich sehen lassen können! Lokale sowie internationale Künstler sind hier vertreten. Macht euch bereit für Fontana, Canova, Monet, Duchamp, Uecker und Degas.
Meine Bewertung:
Positiv:
Große Räume und tolle Inszenierungen, die alle Kunstliebhaber begeistert.
Negativ:
Schlechter Web-Auftritt und kein Audioguide. Man hat kaum Möglichkeit, sich vorab gut zu informieren. Aber deswegen findet ihr jetzt alles bei uns! :)
Tipp:
Verbinde deinen Museumsbesuch mit einem Spaziergang durch den Park Villa Borghese, der gleich gegenüberliegt. Die GNAM hat einen wunderbaren Instagram-Account ;)
Zuletzt aktualisiert: 14.01.2025 | Céline & Susi
Arte Moderna
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Alles Wichtige
auf einen Blick
Was gibt es
zu sehen?
Das Gebäude zieht schon von außen viel Aufmerksamkeit auf sich, vor allem wenn man vom gegenüberliegenden Park Villa Borghese kommt. Betritt man das Museums nun über den breiten Treppenaufgang in das Foyer, wird man schon nach wenigen Atemzügen feststellen, dass hier GROßES auf einen wartet. Und das im doppelten Sinn des Wortes, denn groß sind nicht nur die Räume, sondern auch die Kunstwerke.
In den über 50 Räumen verteilt sich moderne und zeitgenössische Kunst, die die Entwicklung der Kunst seit dem 19. Jahrhundert bis heute sehr gut darstellt. Durch die abwechslungsreiche Gestaltung und die großzügige Verteilung der Werke, kann man sich richtig auf die Kunst einlassen, quasi in die Kunst eintauchen.
Der Titel der Ausstellung, die seit 2016 die Raumgestaltung beeinflusst, ist “Time is Out of Joint”. Mit ihr wurde das Museum umfassend umstrukturiert und konzentriert sich seitdem auf die Darstellung der Kunst, die nicht (immer) linear ist. Der Titel und die Ausstellung selbst basiert auf die Elastizität des Zeitbegriffs von William Shakespeares Hamlet. „Die Zeit ist aus den Fugen: O verfluchter Trotz / Dass ich geboren wurde, um es richtig zu machen!“ Hamlet, Akt I, Szene V
Jeder Raum ist auf seine eigene Weise beeindruckend – sei es aufgrund der vielen kleinen Skulpturen aus Marmor oder Metall, oder aufgrund der riesigen Bilder an den Wänden. Auch in den kleinen Innenhöfen sind Kunstwerke zu sehen, sodass man sich sicher sein kann: Kunst zieht sich hier durch das ganze Gebäude. Selbst Teppiche werden hier zur Kunst.
Eine Gemäldeserie, die weltweit bekannt ist, sind die “Seerosen” von Claude Monet. Diese hier stammt aus einer Zeitvon 1897 – 1899. Der Künstler greift mit seiner Farbwahl (Blau-Grün-Rosa) und seine Gestaltung auf den Japonismus zurück und schafft es, durch die Reflexionen im Wasser eine Mehrdimensionalität entstehen zu lassen. Wer sich für die großformatigen Seerosen Monets interessiert, der sollte einmal in seinem Leben die Orangerie in Paris besuchen!
Neben Monet (und das sogar fast im wahrsten Sinne des Wortes, die Gemälde hängen tatsächlich nicht weit voneinander entfernt) sieht man auch Klimts “Die drei Lebensalter einer Frau” aus dem Jahr 1905. Zu sehen sind, wie es der Titel schon verrät, drei Frauen unterschiedlichen Alters. Die beiden jüngeren Frauen (wahrscheinlich Mutter mit Kind) werden von kühlen Farben (Blau und Türkis) umgeben, während die ältere Dame – links im Bild – vor warmen Farbflächen (Orange, Braun, Rot) gemalt ist. Auch wenn die Gestalten auf dem Gemälde zu ruhen scheinen, ist das Bild an sich sehr bewegend. Wer noch mehr Klimt sehen will, der muss einfach nach Wien!
Weitere große Namen, denen wir auf unserer Tour durch die Hallen begegnet sind, sind Jackson Pollock, Andy Warhol und Marcel Duchamp mit seinem „Pissoare“. Lucio Fontana ist gleich mehrfach vertreten und auch das „Eherne Zeitalter“ von August Rodin gibt es hier (dieses kann man auch im Rodin Museum Paris finden).
Es ist ein toller Rundgang mit einer schönen Mischung aus Moderner und Zeitgenössischer Kunst gewesen, der immer wieder Aha-Momente bereithielt und uns nun dazu verleiten lässt, dieses Museum zum Geheimtipp in Rom zu erheben… Das werden wir im entsprechenden Artikel zeitnah ergänzen.
Highlight der Sammlung
Antonio Canova
Ein atemberaubendes Kunstwerk ist die Statue von Antonio Canova aus dem Jahr 1815 mit dem Namen “Herakles und Lichas”. Abgebildet ist Herakles, der Lichas, einen seiner Diener, ins Meer schleudert. Aber warum?
Lichas erhält als Diener Herakles von dessen Frau Deianeira einen Auftrag: Er solle Herakles von ihr ein Hemd überbringen. Es handelt sich dabei natürlich um kein normales Hemd – dann das wäre ganz sicher nicht in Stein gemeißelt worden! Deianeira bestrich das Hemd mit dem Blut des Nessos, den Herakles einst für sie tötete. So wollte sie ihrem untreuen Mann einen Liebeszauber aufzwängen. Aber es geht natürlich schief. Denn das Blut war mit dem Gift der Hydra verunreinigt (absichtlich vielleicht?). Das giftige Blut verbrennt das Fleisch des Herakles und das Hemd klebt an ihm fest! Als er versucht es zu lösen, löst sich auch sein Fleisch bis zum Knochen. Vor Schmerz und vor Zorn greift er sich Lichas und schmeißt ihn ins Euböische Meer. Der gut gemeinte Dienst, den Lichas dachte zu erweisen, wird nun Lichasdienst genannt.
Die 3 Meter hohe Statue aus Marmor zeigt genau den Moment, in dem Herakles Lichas am Fuß packt und werfen möchte. Er steht dabei auf seinem Löwenfell, das ihn als Herakles auszeichnet. An seinem Körper können wir einen dünnen Stoff ausmachen – zum Glück sieht man aber keine Hautfetzen oder Knochen durchschimmern.
Die Figurengruppe ist am Ende eines großen Raumes platziert, auf dessen Fußboden befindet sich ein weiteres Kunstwerk, das thematisch sehr gut passt: „32 mq di mare circa“ (32 Quadratmeter Meer) von Pino Pascali. Kann es das Euböische Meer sein? Wahrscheinlich nicht, aber die Anspielung ist nett. 😉 Fakt ist, dass dieses Kunstwerk noch mehr aus Canovas Figur herauskitzelt – denn die Spiegelung ist sehr sehenswert. Es wirkt alles gleich noch mächtiger und allein deshalb lohnt sich der Besuch im GNAM eigentlich schon. 😉
Und: gehören die sich außen auf der Treppe rekelnden Löwen des Künstlers Davide Rivalta auch irgendwie zu Herakles?
Galleria Nazionale d'Arte Moderna
Zur Geschichte
Das Museum “Galleria nazionale d’arte moderna e contemporanea” (kurz: GNAM) wurde 1883 eröffnet. Seitdem ist es das Zuhause von italienischer und internationaler Kunst aus dem 19. bis 21. Jahrhundert. Die Entwicklung und die Bewegung der Kunst im Laufe der Zeit wird durch die Werke des Neoklassizismus und Impressionismus, von Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts oder aus dem Futurismus und Surrealismus sehr gut dargestellt.
In dem Gebäude, in dem die Galerie heute untergebracht ist, war sie nicht immer. Bevor das riesige Museum 1911 in Auftrag gegeben wurde, befand sich die Kunstsammlung im Palazzo delle Esposizioni in der Via Nazionale. Das Jahr 1911 ist für die italienische Geschichte ja nicht unbedeutend… Schließlich hat man den 50. Jahrestag der Einigung Italiens gefeiert! Und dieser Anlass war auch der offizielle Grund, um der Galerie einen neuen, adäquateren Sitz zu geben.
1933 wurde das Museum erweitert, da die Kunstsammlung zu groß geworden war und nicht mehr alle Werke in den Räumen Platz gefunden haben. Allerdings wurden die neuen Räume anfangs für Fotos, Grafiken und Tafeln mit faschistischen Inhalten benutzt.
Es war eine Frau, Palma Bucarelli, die von 1941 bis 1975 das Museum geleitet hat. Durch ihre Arbeit wurde das Museum unter anderem mit Dienstleistungen ausgestattet, die heute für ein modernes Museum eigentlich unverzichtbar sind: ein Café, einen Shop und Begegnungen mit den Künstler:innen. Sie war es auch, die bedeutende Kunstwerke während der Kriegsjahre in den Palazzo Farnese gebracht hat, um sie vor Angriffen zu schützen.
Von 1995 bis 1999 wurde das Museum umfassend restauriert und umstrukturiert. 2004 wurden die Werke nochmals neu angeordnet. Dem Museum wurde ein Aussehen verliehen, dass vor allem durch sein helles, offenes Auftreten und seine visuelle und ästhetische Wirkung beeindruckt.
Übrigens: Bei meinem Besuch waren vor mir zwei junge Damen, die ihr Ticket eigentlich für 15 Uhr reserviert hatten. Sie konnten trotzdem problemlos schon um 11 Uhr das Museum besuchen! Das würde zum Beispiel beim Kolosseum oder bei den Vatikanischen Museen nie funktionieren…
Offizielle Webseite der Galleria Nazionale d’Arte Moderna (EN): lagallerianazionale.com
Text- und Bildrechte: © Céline Mülich, 2016 – 2025
Mit Unterstützung von Susane Vukan.
Thema Fotogenehmigung: Leider hat sich die GNAM auf unsere Anfrage nie gemeldet. Deswegen – falls sie das nun hier sehen – melden Sie sich doch bitte!
On the subject of photo permission: Unfortunately, GNAM never responded to our request. So – if you see this here – please get in touch!